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Echt. Chaotisch. Herzlich.

Schön, dass du hier bist! Hier teile ich ehrliche Einblicke aus meinem Leben als tierische Begleiterin, ehemalige Gastro-Tollpatschin und Einzelhändlerin. Es geht nicht um perfekte Karrieren, sondern um echte Geschichten, chaotische Erlebnisse und wie ich mit den Herausforderungen des Alltags umgehe – mal humorvoll, mal herzlich.

Für alle, die flexibles Arbeiten und den Mix aus Spaß und Chaos lieben, bist du hier genau richtig. Bleib dran, wenn du zwischen den kleinen Alltagskatastrophen etwas zum Schmunzeln oder Nachdenken fidest!

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Individuell

Aktualisiert: 13. Jan.

"Ach übrigens, nicht wundern. Sauberkeit ist ja eine individuelle Sache, also wenn ihr mit eurem Zimmer nicht so gut klar kommt, lasst es mich wissen."

Die Worte des Hotelmanagers hallen mir seit Tagen im Kopf umher. Zwei Jahre ist es her, dass mein Freund und ich das Allgäu sehr spontan verlassen haben, um endlich ein bisschen Ruhe zu finden, um das Erlebte zusammen zu verwinden. Das, was wir erlebt haben, bevor wir uns getroffen haben und das, was wir durchgemacht haben, seit wir uns kennen plus dem, was wir uns gegenseitig in dieser Zeit angetan haben, weil wir noch nicht in unserer neuen Realität angekommen waren und immer noch an alten Mustern hingen.

7.00 Uhr

Der Wecker klingelt. "Ach man. Ich kann noch nicht aufstehen.", murre ich, weil's echt nicht geht. Bei Basti sieht's nicht besser aus. "Aber wir müssen."

"Ja."


Wir raffen uns irgendwie auf und gehen mit Mops und Schäferhund Gassi. Dumme Uhrzeit, weil's super busy ist und die große Schwester heute alles anfallen will, was ihr über den Weg läuft. Dafür war die Nacht einigermaßen ruhig, wenn auch kurz.


Manche Menschen nehmen das mit der Anleinpflicht im Kurpark oder Hardtwald nicht so genau. Schön, wenn ihre Hunde kein Problem haben, aber es gibt halt auch andere Lebewesen und das hilft dem netten Hund dann auch nichts, wenn er gebissen wird. Außerdem würde es einen Hundepark geben, der zwar nicht sehr sinnvoll ist, aber da ist es wenigstens erlaubt, seinen Hund fahrlässig neben der Straße rumrennen zu lassen und die Leute, die schwierige Hunde dabei haben, können einfach wegbleiben. Wenn sich keiner an Regeln hält, wofür sind sie dann da? Ich versteh das Bedürfnis, seinem Hund Freiheit einzuräumen, gerade wenn es gut funktioniert, aber auch der Hund hat sich an gewisse Dinge und Konventionen zu halten, das müsste er im Rudel auch. Fakt ist doch: wenn die Beziehung zwischen Hund und Mensch funktioniert, sollte es egal sein, ob die Leine dazwischen hängt und wenn es egal ist, kann es ja nicht so störend sein, die Schutzräume anderer (Kinder, Wildtiere, andere Hunde und ja auch Menschen, die vielleicht Angst vor Hunden haben und deswegen um den Hundepark einen großen Bogen machen würden, aber einfach im Kurpark schlendern wollen) zu respektieren. So könnten alle ein bisschen leichter miteinander umgehen.


"Hey, ich bin um 8.25 Uhr da."

"Okay. Komme.", tippe ich, verabschiede mich und gehe runter. Heute hole mal nicht ich die Mädels ab, sondern die Mädels mich. Ich freu mich schon, ihr neues Zuhause zu sehen. Sie sind im März umgezogen und da lag ich leider schon flach.


Auf der Fahrt unterhalten wir uns ein bisschen über die Arbeit und was in letzter Zeit so passiert ist (oder eben auch nicht) und stellen fest, dass das mit dem Energiethema irgendwie schon blöd ist und in Zukunft problematisch werden wird, aber das halt nicht die einzigen Probleme unseres Menschseins sind. Es ist gerade wohl eine schwierige Situation für uns als Menschheit, als auch für uns als Individuen und manchmal sind wir glaub ich beide nicht mehr sicher, ob wir jetzt von uns oder vom großen Ganzen reden. Aber es bleibt sich eh gleich, weil wir ein Teil davon sind. Vielleicht machtlos im System, aber immer noch verantwortlich für uns selbst und das ist ein Paradoxon, das uns beiden schwer auf den Schultern zu lasten scheint. Lustig, wie ähnlich man sich doch manchmal ist. Wir verstehen uns von Anfang an gut. Klar, wir sind beide allgäuer Mädels, die irgendwie in Welt hinaus wollten. Nur sie hat es deutlich weiter geschafft als bis nach Österreich. Aber hey, dafür war ich mit sieben schon mal zehn Tage am Gardasee (ich Pionierin - leider ist in der Zeit meine Ratte Mucki gestorben - oder Futter geworden, da bin ich mir nicht so sicher).


"Weißt du, wie das mit dem Leben und Sterben funktioniert und dem Essen?" Ungefähr sowas hat mein Opa mich wohl gefragt. Da war ich vielleicht vier oder fünf. "Ja klar.", hab ich gesagt, weil Mama mein Essen macht und dann esse ich es. Was jetzt der Tod damit zu tun hat, ist mir als Kind ja erstmal ganz egal. Ich esse halt, was mir schmeckt. Klar weiß ich auch schon, dass irgend ein Tier geschlachtet wurde, damit ich es essen kann, aber davon habe ich keine konkrete Vorstellung. Wie auch? Ich könnte mir vorstellen, Koch zu werden. Habe im Kindergarten ein Bild gemalt, wie ich groß bin und lange blonde Haare habe und eine Kochmütze und Schürze, ganz klassisch in weiß. Ich habe mich lachend gemalt und schlage dabei einem Fisch den Kopf ab. Ich esse keinen Fisch. Nie. Bin mal in der Zoohandlung aus versehen mit meinen kleinen gelben Gummistiefel auf einen Guppy gestiegen und das war sehr furchtbar. Generell war die Aquaristik ganz furchtbar, aber das werde ich erst Jahre später lernen.

"Was frisst die Schlange, damit sie überlebt?"

"Mäuse."

"Und Ratten. Komm."

Mein Opi geht mit mir zu den Ratten. Ich liebe die kleinen Nager ja schon immer. Sie sind clever und geschickt mit ihren kleinen Händchen, sie reden viel und allgemein haben sie ein nettes Wesen. Er pickt sich eine junge raus. Sie hat braune Flecken. Ich überlege mir schon mal einen Namen. Wir gehen zurück in den Keller und er lässt sie mich halten. Sie läuft auf meinen kleinen Händen umher und ich passe auf, dass sie nicht abstürzt. "Welche ist deine Lieblingsschlange?"

"Die" Ich zeige auf die kleine Königspython. War schon immer meine liebste Würgerart und die ziehe ich den Giftlern im Allgemeinen vor. Zumindest bei Schlangen.

"Und du willst nicht, dass sie stirbt, oder?"

"Natürlich nicht.", piepse ich. "Okay." Er nimmt die kleine Ratte und setzt sie ins Terrarium. Sie ist zunächst glücklich, wieder in 'Freiheit' zu sein, aber nach zwei oder drei Tritten stockt sie. "Aber die wird meine Ratte töten!"

"Sie wird fressen."

"Aber sie lebt ja noch." Er merkt, dass es mir zu viel wird und fragt mich, ob ich es aushalte, den Tötungsakt zu sehen. Ich verneine und er geht mit mir in die Werkstatt rüber, um in Ruhe mit mir über das zu sprechen, was gerade passiert. "Der Python hat schon ein paar Wochen nichts mehr gefressen, also wird er recht schnell angreifen. Im besten Fall erwischt er die Ratte gleich gut am Kopf oder im Genick, damit sie betäubt ist und gar nichts mehr merkt. Dann schlingt sich ihr Körper um die Ratte und drückt solange zu bis sie tot ist. Erst dann kann die Schlange sie fressen. Würde die Schlange die Ratte nicht töten, würde die Ratte sich durch ihren Körper fressen und die Schlange töten. Verstehst du?"

"Ja.", sage ich und denke: "Aber du hast sie beide dort eingesperrt." Ja, Kreislauf des Lebens, aber in der Natur hätte die Ratte wenigstens eine Chance, wegzulaufen... oder über der Schlange würde die ständige Gefahr des Verhungerns schweben. Alles hat seine zwei Seiten, aber über all die werde ich erst nachdenken, wenn ich älter bin. Für den Moment zählt der Moment. Das ist das schöne am Kind sein, aber auch das Grausame.

"Es wird soweit sein. Wir können wieder rüber gehen."


Die Ratte hatte nicht das Glück, dass mein Lieblingspython sie ausgeknockt hat und ich sehe ihr kurz in die weit aufgerissenen Augen im Todeskampf. "Oh, doch noch nicht. Na, dann lass uns nochmal rausgehen. Wenn du später mal selbst Schlangen haben willst, musst du sie auch füttern können. Das gehört dazu."


Als wir wieder reinkommen, ist der kleine gefleckte Körper zur Hälfte im Schlangenmaul verschwunden und der Rest hängt schlaff heraus. Ich bin gern mit meinem Opi im Schlangenraum, aber Oma findet das gar nicht lustig, als sie mitbekommen hat, dass ich bei der Fütterung dabei war.


Das Schicksal meiner Mucki ist für mich nach wie vor unklar. Kann sein, dass sie einfach ihren natürlichen Tod gefunden hat, ist auch am wahrscheinlichsten. Aber die Vorstellung an meine kleine Freundin im Schlund meiner Lieblingsschlange war dann irgendwie scheiße. Auch wenn das wahrscheinlich gar nie passiert ist.


Das war meine erste ganz direkte Berührung mit dem Tod und ich finde es wichtig und richtig, dass mir das nicht vorenthalten wurde, auch wenn ich aus heutiger Sicht die Methoden im Generellen nicht toll finde, nicht für Exotenhaltung im Allgemeinen bin und ich es in dem Moment als schrecklich empfunden habe. Aber gerade diese Erinnerungen an die Zeit mit meinem Opi sind mir die wichtigsten. Sie sind ehrlich und unaufgesetzt, er hat mir aus seiner Warte erklärt, wie er die Welt sieht und hat damit auch einen der Grundsteine meiner Ethik gelegt. Wenn du nicht weißt, was die Konsequenzen sind, kannst du auch keine unabhängige Entscheidung treffen, so individuell dir deine Entscheidung auch vorkommen mag. Wir kamen viel ins Streiten als ich älter wurde, mein Opa und ich. Wir hatten Generationsbedingt viele andere Ansichten und ich wollte nicht so recht einsehen, warum ich meinen Status als cooles Kind mit dem man in den Baumarkt fahren kann, in der Werkstatt was bauen oder im Keller zwischen den Terrarien herumzustreifen verlieren sollte, nur weil ich jetzt langsam eine Frau und kein Kind mehr bin. Später hat sich herausgestellt, dass es ihm gar nie darum ging, dass meine Mama ein Mädchen ist und ich ein Mädchen bin und er deswegen nichts mehr mit uns unternommen hat, sondern dass meine Oma bedacht darauf war, die Mädchen auch lieber Mädchensachen machen zu lassen. Und dann kam ja auch schon bald die Krebszeit, da war dann eh alles außer Rand und Band.


Letztendlich haben Basti und ich ihn das letzte mal am kurz vor unserer Abreise nach Österreich vor zwei Jahren gesehen. Wir haben ihm erklärt, was wir vorhaben und warum und er hat sich aufrichtig gefreut. Er hat noch mitbekommen, dass wir nach Bad Homburg gezogen sind und dann ist er gestorben. Meine Mama sagt: "Wie sollst du auch um einen Opa trauern, wenn du nie einen hattest?", aber so einfach ist das nicht. Ich habe ihn nur schon sehr viel früher verloren. Ca. 20 bis 25 Jahre. Außerdem haben wir bevor wir aus dem Allgäu gegangen sind, öfter gesprochen als früher, aber leider wurde das meist vom GD gestört. Die selbst bezeichnende neue Oma steht jetzt nicht gerade auf meiner Freundesliste, hat sie noch nie.

Jetzt muss ich wenigstens nicht mehr versuchen, so zu tun als ob.


Um kurz nach neun sind wir bei den Mädels und ich bin sofort verliebt in die Umgebung. Überall ist Wald. "Schau, da könnt ihr gleich hoch oder ihr geht da unten durch die Siedlung. Das ist eigentlich ganz egal."

Ich find's jetzt schon großartig und freu mich, dass ich da bin. Sie gibt mir das WLAN-Passwort und die Granddame ist bereits zurück auf ihrem Schlafplatz, kaum, dass wir durch die Tür sind. Sie kommt dann doch nochmal zum Frühstücken und wir Menschen verabschieden uns voneinander.

Dudu setzt sich zu mir auf die Couch und rollt sich an meinen Beinen zusammen, während ich mit meiner Jägerin in World of Warcraft Handwerksaufträge erledige und farmen gehen will. Leider scheinen nur gerade keine Pflanzen zu wachsen. Im Chat wird auch schon danach gefragt. Würd auch gern noch Korraks Rache machen, aber nach über eine Stunde in der Warteschlange logge ich dann doch aus und gehe lieber Gassi.


12.00 Uhr

"Gute Zeit zum Starten, oder?" Dudu sieht das genauso, die Große kommt auch ausm Schlafzimmer angerannt. "Ich kenn mich nicht aus hier, also vertrau ich drauf, dass ihr uns wieder zurückbringt, ja?" Sie laufen voraus und ich nehme das als "Ja.". Erstmal nehme ich mir vor, einfach nur geradeaus zu gehen, wenn ein Weg sich teilt, dann finden wir so oder so zurück. Gegen halb eins krieg ich die Nachricht, dass das menschliche Mädel erst gegen drei daheim ist, wenn es für mich passt wegen Einkaufen für Weihnachten und so. Ich schreib zurück, dass wir eh gerade die Regenpause nutzen und freu mich, dass wir noch ein bissl länger laufen können. Waldbaden ist doch was feines und in guter Gesellschaft noch besser. Es tut gut, mal wieder an einem anderen Ort unterwegs zu sein. Wir gehen vor uns hin und ich denke über die letzten Jahre nach. Vor zwei Jahren war unser erster Tag in Österreich. Wir waren so aufgeregt. Die ersten Nächte haben wir auf der 131 verbracht, einem Hotelzimmer, weil die Personalzimmer noch nicht frei waren. Wir waren so aufgeregt als wir unten beim Manager saßen und uns danach alles haben zeigen lassen. Es wäre schließlich das erste Mal das wir in einem so teuren Haus arbeiten. Ist halt was anderes ob man Bier für 3,40€ rumträgt oder Weine für 600€ die Flasche (wobei das dann seltener passiert ist, als man denken würde).

"Ach übrigens, nicht wundern. Sauberkeit ist ja eine individuelle Sache, also wenn ihr mit eurem Zimmer nicht so gut klar kommt, lasst es mich wissen."

Dieser Satz kommt uns in einem hochpreisigen Haus schon ein wenig merkwürdig vor, aber er bezog sich ja auf die Personalzimmer, die wir bisher noch nicht gesehen hatten. Wir sind sehr kurzfristig, fast schon übereilt hierher gezogen. Ich hab fünf Bewerbungen oder so versendet, die Kriterien waren: weit weg vom Allgäu, Personalwohnung oder Zimmer, vegan/vegetarische Küche und das möglichst innerhalb den kommenden zwei Wochen. Kurz vor Weihnachten. Wäre natürlich auch anders gegangen, aber ich war eh noch in der Probezeit und es hätte keinen besseren Zeitpunkt gegeben, endlich wegzukommen und weiterzuziehen. Was hätte ich auch noch im Allgäu tun sollen, wo an jedem dummen Ort irgendwelche dummen Erinnerungen hängen. Gehen wir ein weiteres Jahr zurück, schauen wir auf eine Jana, die kaum ihre Weihnachtseinkäufe erledigen kann, aber nicht, weil der Rücken kaputt ist oder sonst was körperliches ist, sondern weil die Psyche ballert und auf einmal kommen dann die Panikattacken, wenn du allein in Kempten durch die Fußgängerzone gehst. Scheiß Gefühl. Hatte ich da zwar schon verwunden, aber wir sind nicht unbedingt die Bergsteiger, Skifahren tun wir beide nicht, also kein Grund im Allgäu zu bleiben. Wo anders kann's ja auch schön sein. Und vielleicht sind die Menschen da anders.

Halten wir nochmal fest, es ging auf einmal sehr schnell. Wir sind aufgebrochen, ohne das Hotel jemals gesehen zu haben und haben auf das vertraut, was uns gesagt wurde. Wie gesagt, die Bezahlung war okay veranschlagt, aber auch nicht so utopisch, dass man davon ausgehen müsste, dass es ganz komisch wird und mit unserem gewohnten Trinkgeld recht schnell unseren Neustart "wo auch immer wir wollen" finanzieren sollte. Man hat uns auch gleich unbefristete Verträge statt Saisonsverträge angeboten, weil wir gut ins neue Konzept passen würden und sie sich gerne eine Stammbelegschaft aufgebaut hätten. Klar, nach Corona ist das nachvollziehbar. Viele haben die Branche verlassen und die Gastro hat schon immer Personalprobleme. Wir bekommen unsere Konzeptunterlagen und dann geht unsere Führung los. Ich beobachte durch Fenster die Spatzen auf dem verschneiten Busch, während der Manager referiert und ich das irgendwo schon mal abspeichere. Endlich hab ich mal wieder die Ruhe, einen Vogel anzuschauen. Wie lang ist das her?

Er lobt ein bisschen die andere neue Mitarbeiterin und hebt hervor, dass sie sich auf einen ihrer Urlaube hin hier im Hotel beworben hat und wie toll es doch ist, wenn aus Gästen Mitarbeitern werden. Sie ist aber nicht im Restaurant, sondern im Spabereich. Den dürfen auch wir benutzen und zwar nicht wie in anderen Hotels, wenn die Gäste weg sind, sondern einfach, wann wir Bock haben. "Also klar ist das am Anfang befremdlich, wenn man seine Gäste dann nackt sieht und sie einen und dann steht man wieder angezogen vor sich, aber man gewöhnt sich dran und es gibt drüben im Personalhaus auch eine Extrasauna, aber die benutzt bisher nur einer. Vielleicht macht ihr das auch nicht Mitten in der Nacht nach Feierabend, das wäre so eine Bitte. Ansonsten fühlt euch frei."

Klingt ja nett. Nicht unbedingt, was wir erwartet hätten, aber wir versuchen ja und auf die neumoderne Zeit und ihre Wandlung einzulassen. Individuell halt alles hier. Wir sind ein wenig speziell, also was soll's. Und irgendwie... naja wir haben nach was vegan-vegetarischem gesucht, so ein bisschen Hippieflow hätten wir gleich mit einrechnen können.

"Und mit dem Essen im Restaurant, das hab ich ja im Bewerbungsgespräch schon gesagt, da sind wir gerade am umstellen. Die Grundlage ist immer vegan und die Gäste, die Fleisch essen, können das optional dazu bestellen."

"Klingt nach einer perfekten Lösung, deswegen freuen wir uns so, dass wir hier sein dürfen.", sage ich und meine es vollkommen ernst. Das war auch eine Ethikentscheidung und wir hätten uns ganz anders orientieren können, wenn wir diesen Aspekt einfach verworfen hätten.

"Ich zeig euch jetzt erstmal das Restaurant. Unsere stellvertretende Leitung könnte gerade noch da sein."

Wir laufen ins Restaurant und bevor wir die Bar sehen, stehen wir vor dem DryAger, in dem ganz appetitlich verschiedene Tierstücke ausgestellt sind. "Ja, genau, hier können sich eben die, die Fleisch essen, aussuchen, welches sie essen möchten. Ich gebe euch Karten mit aufs Zimmer, dann könnt ihr schon mal lernen, was bei uns auf den Tisch kommt. Sharing is caring, das ist unser Motto hier. Deswegen ist das Abendessen auch etwas anders."


An der Bar treffen wir auch die stellvertretende Restaurantleitung. Ziemlich lange Krallen für diese Position und fürs Tabletts tragen so oder so. Aber okay, sie wird ja nicht mehr selbst was tragen, wenn wir es nicht mehr tun werden, dafür gibt' s ja die Commis. Aber alles natürlich mit flachen Hierarchien. Neumodisch individuell, weil sharing caring is.


Und heute, zwei Jahre später, laufe ich durch einen Wald irgendwo bei Kelkheim. Zwei wunderbare Hunde laufen voraus und die Sonne bricht durch Regenwolken und das Geäst. Ist doch gar nicht schlecht gelaufen, wenn auch anders als geplant.


Ich hab damals angefangen, auf js.colourful.life zu posten, wie unsere Reise so läuft. Ein bissl Kontakt halten, zeigen, was man so tut und wie es einem so geht mit der Entscheidung. Wir haben ja doch auch gemeinsam etwas Zeit mit den verschiedensten Menschen verbracht. In München, im Allgäu und es läuft doch meist auf dasselbe raus. Aus den Augen aus dem Sinn oder noch besser: jetzt sind sie weg und können sich nicht mehr verteidigen, wenn man über sie tratscht. Wir sehen uns da übrigens nicht als Ausnahme, das wussten auch davor schon. Inzwischen sind wir nur sicher, dass es völlig ortsunabhängig ist.

"Wieso sollte ich mit dir rausgehen? Du bist doch eh wieder einfach weg und dann sitz ich wieder alleine da.", hat mal jemand zu mir gesagt. Stimmt zwar, aber deswegen aufhören zu Leben? Mein jetzt nicht gleich Suizid, sondern mehr so eine schwache Form der Selbstaufgabe.


Ich weiß immer noch nicht, wie ich mein Projekt rund um: "eine bisexuelle Person zu sein ist weder besonders spannend, noch ist es großartig dramatisch, aber einige Punkte gibt es halt doch, die einem gesellschaftlich begegnen oder in denen man vielleicht missverstanden wird" aufziehen soll, aber vielleicht sind solche Alltagsposts ja dafür geeignet. Ich kann meine archivierten Beiträge ja wieder freigeben und die Stories als Erinnerung posten, dann hat man zu den Texten hier auch visuelle Eindrücke und zu den Posts ein wenig Background, damit's klarer wird. Es ist übrigens nicht immer alles Schwarzweiß, manchmal ist es eben auch sehr individuell und das war die Zeit auf dem toten Berg definitiv. Außerdem ist das ja auch irgendwie ein Folgesymptom von allem, was irgendwie schief gelaufen ist und das hängt halt eben schon wieder mit meiner Sexualität zusammen. Kompliziert, oder? Ich verlier auch manchmal den Überblick.


Wir kommen an eine Straße und drehen wieder um. "Führst du uns heim, Dudu?" Sie wackelt los. Ein Schuss ertönt, ein Tier schreit, ich murmle "Arschloch!" und die Hunde sind im Notfallmodus. Noch so ein Punkt, warum es wichtig ist, Hunde dort anzuleinen, wo Anleinpflicht ist. Man möchte ja nicht, dass sie erschossen werden. Also bitte bei allem Freiheitswunsch bedenken. Solange die Regeln hier einigermaßen funktionieren, sollten wir sie auch wahren. Ein zweiter Schuss ertönt. Viel zu spät. "Vollidiot.", murmle ich. Wir laufen erst dieselbe Strecke zurück, aber dann kommen andere Hunde und irgendwie verliere ich den Pfad. "Okay, ab jetzt hab ich wirklich keinen Plan mehr, aber ihr macht das schon."


Wir laufen und laufen und laufen. "Oh ne, da können wir nicht durch. Schaut mal die Bäume, die da liegen. Und da vorn war ein Schild, da stand drauf, dass das Betreten verboten ist wegen Lebensgefahr durch Holzarbeiten. Das können wir echt nicht machen." Ich drehe um und die Granddame springt mir nach und nimmt mich mit ihren Pfoten am Arm. "Wirklich Mäuschen, geht nicht. Da vorn führt ein kleiner Weg in die Richtung, ich glaub, den können wir nehmen." Sie ist nicht überzeugt, aber sie geht jetzt voraus und biegt auf den kleinen Weg ein, den ich meinte. "Sicher, dass das ein Weg ist da hinten?" Beide sind sich sicher und wir quetschen uns zwischen Hügel und Hausmauer durch. Sie haben recht und wir stehen kurz drauf vor ihrem Zuhause. 13.30 Uhr. Was ein perfektes Timing. Ich trockne die Mädels ab und schreibe meinen Blogbeitrag für Frauenbarth von gestern.


15.34 Uhr

Ich sitze auf dem Beifahrersitz, die Mädels bringen mich gemeinsam nach Hause. Wir quatschen ein bissl übers Wohnen, Menschen und das Dating. Ist ja alles immer komplizierter und Onlinedating ist halt irgendwie ganz schwierig für uns. Wir lachen eine Weile drüber und beschließen, dass wir nächstes Jahr mal gemeinsam ausgehen. Wir müssen alle mal wieder unter Leute kommen.

15.58 Uhr

Ich komme zuhause rein, alles ist gut. Ich trinke eine Tasse Kakao, wir gehen Gassi und Basti und ich tauschen uns über unseren Tag aus.


18.00 Uhr

Ich logge in WoW ein und mein PC macht ein Neustart zur Problembehandlung. Schön, der ist neu. Ich mache trotzdem weiter und lebe halt mit den zwischendurch Neustarts bis Basti irgendwann sagt: "Das geht ja so nicht, wir müssen das Teil zurückschicken."

"Hm das ist scheiße." So leicht will ich nicht aufgeben und der lief ja anfangs super. Gestern hat er das das erste Mal gemacht, kurz nachdem das neue Windowsupdate fertig war. Ich schau mal nach und sage: "Ist das neue Update, kann der PC nichts dafür."

"Na toll."

"Und jetzt? Wollen wir erstmal Gassi gehen?"

"Ja."

Wir gehen Gassi und zocken dann noch ein bisschen. Läuft die meiste Zeit problemlos nur zwischendurch startet der Tower sich einfach wieder neu.


Gegen drei schlafen wir, die Hunde haben sich an uns gekuschelt und es tut mir sehr leid, dass sie kein zweites Mal zu uns kommen werden. Ich hab sie sehr lieb, aber wir können einfach nicht das leisten, was da ausgebügelt werden müsste und das ist auch gar nicht unsere Aufgabe. Es liegt sowieso nicht an den Tieren, die tun nur das, von dem sie denken, das es richtig ist. Wie mein Opa als er mir den Tod erklärt hat.


Ich erzähle Basti noch von dem Jäger am hellichten Tag. "Komisch, oder? Wer macht denn sowas? Auf der anderen Seite... Wenn Jäger sterben, wenn sie auf Bären schießen, die über ihnen auf Bäumen sitzen... Nicht nur Instandkarma, sondern auch so dumm, dass man sich schon fragen sollte, wo das alles noch hinführen kann und soll."





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