Miss Lahmbein
- FRAUENBARTH

- 27. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
6.30 Uhr
Der Wecker klingelt. Wir murren und knurren, aber es hilft alles nichts. Wir müssen aufstehen. Basti hat einen Arzttermin und die Fahrt nach Bad Vilbel dauert mit dem Bus eine Stunde. Ich komm schon wieder schwer aus dem Bett, weil ich extrem aufpassen muss, wie ich mich bewege, damit ich kein Kniestechen oder einen Wadenkrampf auslöse und Gucci hat sowieso keinen Bock, sich so früh schon zu bewegen. Wir sind also alle unmotiviert diesen regnerischen Montagmorgen.
Wir schaffen es dennoch rechtzeitig raus und haben sogar noch Zeit, kurz einkaufen zu gehen. Basti springt schnell in den Laden und Gucci und ich warten im Trockenen. Der Hund freut sich, weil eine der lieben Mitarbeiterinnen kurz rauskommt, um schnell Hallo zu sagen und ein paar Knuddler zu verteilen und Basti freut sich über eine neue Kundenanfrage in der Warteschlange an der Kasse. Mal sehen, was der Arzt heute sagt. Aktuell ist er noch im Krankenstand und das wird wohl auch noch eine Weile so sein, aber wir sehen dem tag entgegen, an dem er auch wieder durchstarten kann. Er ist Personal Trainer for Medical Fitness und ironischerweise seit einem Jahr wegen seines Rückenleidens krankgeschrieben. Näher betrachtet ist es jedoch weder lustig, noch ironisch, sondern das eine ist Bedingung für das andere. Aufgrund Genetik und mehreren schweren Verletzungen in der Jugend kam es zu degenerativen Schäden, die dauerhafte Schmerzen verursachen. Erst durchs regelmäßige Fitnesstraining konnte etwas Linderung erzielt werden, weswegen die Berufswahl dann auch dahingehend getroffen wurde. Aber manchmal reicht das Wissen halt auch nicht und in unserem Leben gab es mehrere Faktoren, die gegen unsere Gesundheit gespielt haben. Irgendwann kam es zu einem Trainingsloch und dann wurden die Schmerzen so schlimm, dass er wochenlang kaum laufen konnte.
Inzwischen hatte er glücklicherweise eine Reha und wir sind wieder auf dem aufsteigenden Ast. Und immerhin kann er jetzt die neu erlernten Skills später in seine Arbeit integrieren. Alles ist für was gut, auch wenn man manchmal noch nicht weiß, für was.
Wir warten bis Basti im Bus ist und dann beeilen Gucci und ich uns nach Hause zu kommen. Sie will eigentlich noch schnell zu Tedi, aber der hat noch nicht auf. Zuhause gibt's dafür gleich Frühstück und die Enttäuschung über den ausbleibenden Shoppingshop ist vergessen. Satt und zufrieden findet sie, dass jetzt Zeit für ein Vormittagsschläfchen ist und ich mache meinen Bürokram.
Um kurz vor elf ist Basti zurück, er hat mir einen Arzttermin ausgemacht, um mein Knie anschauen zu lassen. Die letzten zwei Tage bin ich schon ziemlich schlecht gelaufen und heute ist es noch schlimmer.
"Morgen haben wir frei - bis auf den Termin beim Steuerberater.", sage ich beim Mittagessen und Basti entgegnet: "Warte mal ab."
Gucci und ich drehen eine kleine Mittagsrunde, aber eine wirklich kleine, weil immer noch doofes Wetter ist. Heute Abend geht sie wieder heim und da laufen wir durch den Park und haben ohnehin einen schönen Ausflug. Ich hoffe, dass das Wetter bis dahin besser ist.
Dann geht's für mich weiter mit dem Office. Ich hab letzte Woche keine Frauenbarth-Beiträge geschrieben, also mach ich mich mal ans Werk.
Um halb halb sechs klingelt mein Handy, ich spreche kurz und informiere Basti: "Wir haben morgen nicht frei.", anschließend machen wir uns langsam fertig, packen Guccis Zeug zusammen und Wackeln los. Das Wetter ist besser und wir haben eine gute Zeit, spaßen viel miteinander und lachen. Ich vergesse meine Knieschmerzen derweil und freu mich einfach über den Moment.
Wir geben Gucci fast pünktlich ab, quatschen noch kurz und laufen wieder in die Stadt zurück. Auf dem Heimweg gehen wir noch einkaufen und freuen uns, dass wir das mal wieder zusammen machen können. Die letzte Zeit waren ja immer Hunde da und die lassen wir ungern allein.

Zuhause räumen wir gemeinsam auf, machen uns was zu essen und Basti schlägt vor, heute einfach mal einen Film- und Chillabend zu machen. Ich halte das für einen guten Plan und bin eh froh über ein bisschen Ruhe. Meine Knieschmerzen werden wieder schlimmer und als ich mit meiner Wärmflasche im Kreuz ins Schlafzimmer humple, bekomme ich den Spitznamen "Miss Lahmbein". Wir machen uns eine ganze Weile über unsere körperlichen Defizite lustig, weil man manchmal auch über sich selbst lachen muss und das Leben dann ein bisschen leichter wird und sind froh, dass wir uns haben und wir jetzt langsam wieder in eine aussichtsreichere Zukunft sehen als die letzten Monate.



























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