Der Winter naht
- FRAUENBARTH
- 5. Dez. 2024
- 14 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Dez. 2024
8.00 Uhr
Der Wecker klingelt. Das erste Bild, das mir in den Sinn kommt, ist der kleine Prinz. Nicht die berühmte Buchfigur, sondern der coole kleine Hund von der Substi-Truppe, der mit seinem Menschen ganz gut gemeinsam Fahrrad fährt und öfter mal noch die Kurve kriegt, wenn menschliches Versagen eintreten würde. "Kommen die Mädels?"
"Wissen wir in etwa zwanzig Minuten."
8.20 Uhr
Der Wecker klingelt, ich schlummre vor mich hin bis 8.34 und schreibe dann mal: "Guten Morgen, bringst du die Mädels heute?"
"Guten Morgen, ne, wir bleiben heute alle daheim."
Auch gut, dann schlummre ich noch ein wenig weiter, nachdem ich einen schönen Tag gewünscht habe.
9.00 Uhr
"Wir müssen zum Arzt."
"Wann?"
"Elf Uhr dreißig, sagt Siri. Aber ich glaube, vielleicht... auch um elf."
"Wie spät ist jetzt?"
"Neun. Wie geht's dir?"
"Nicht so, dass ich aufstehen könnte."
"Okay, dann bleib noch liegen. Magst du irgendwas?"
"Ne, mir ist schlecht. Brauch meine Medis. Also doch Hafershake."
Es dauert bis die Medikamente wirken und ich bereite derweil ein paar Posts für unsere Social Media Channels vor.
"Weißt du, wen wir schon lange nicht mehr gesehen haben?"
"Hm?"
"Den kleinen Prinz."
"Mhm."
"Ein Jahr?"
"Ne, aber seit dem Sommer. Du hast nur kein Zeitgefühl dieses Jahr aber das ist auch kein Wunder. Aber kurz bevor Saint weg war, würd ich sagen."
"Hm."
"Hm."
Ich schaue in die Hundelisten der umliegenden Tierschutzvereine. "Was guckst du?" "Hundelisten der umliegenden Tierschutzvereine."
"Hm. Wenn du ihn findest..."
"Bringen wir ihn zurück zum Rudel. Aber wir wissen ja nicht, ob und was passiert ist und es wäre doch auch ein Zufall, ihn jetzt hier zu finden."
Hierzu ist die Info vielleicht wichtig, dass der Hund einen besseren Eindruck seiner Gesamtkonstitution gemacht hat, als der dazugehörige Mensch und dass die beiden einen interessanten bis wagemutigen Fahrradfahrstil hatten. Aber vielleicht sind sie ja auch einfach umgezogen. Kann ja sein. Wir sind nicht eng genug mit den Leuten vom Saint-Platz, um nach ihnen zu fragen. Das wär irgendwie komisch und manchmal will man die Antwort auch gar nicht wissen.
Außer "Oh guck mal!" und "Ach! So ein Schatz!" finden wir nichts und suhlen uns in "alles wird gut" weil "alles und nichts" und Schrödingers Katze und außerdem not our business. Aber man kennt sich halt doch irgendwie und es ist immer auffällig, wenn jemand aus der sozialen Gruppe dauerhaft fehlt. Hab ich vor kurzem schon mal geschrieben, über dieselbe Gruppe.
10.05 Uhr
"Wir müssen langsam aufstehen, damit wir pünktlich kommen."
"Wann ist der Termin?"
"Elf Uhr Dreißig, sagt Siri. Ich glaube elf. Soll ich nochmal anrufen?"
"Du hast ja den Termin gleich eingetragen, oder?"
"Ja."
"Stehen wir auf und gehen duschen. Siri wird schon recht haben."
11.20 Uhr
"Sie haben beide einen Termin, oder?"
Wir nicken. "Dann nehmt doch gerade noch im Wartezimmer Platz."
Siri hatte also recht. Das Wartezimmer ist angenehm leer und wir kommen auch gleich dran. Gut, dass wir früh waren.
"Wie geht's denn?"
"Ja, mir so... wie immer halt. Mal besser, mal schlechter. Weiß nicht so genau, was ich sagen soll. Gibt ja gerade wenig zu berichten, außer, dass es bessere und schlechtere Tage gibt, aber das wissen wir ja jetzt alle schon. Er macht mir eher Sorgen, auch wenn es schon besser ist, als es war.", sage ich, die Ärztin nickt und ich hefte meinen Blick auf Basti. "Na dann, erzählen Sie mal."
"Die neue Osteopathin hat mir wirklich geholfen."
Er erzählt ein bisschen, wir freuen uns alle, dass die Medikation nicht mehr ganz so hoch ausfallen muss. Wir lassen noch schnell Blut machen, Leber- und Nierenwerte wegen der ganzen Medis und dem generellen Ernährungszustand und so.
"Kreislauf okay?", frage ich als wir aus der Praxis kommen. "Hat mich noch nie gestört."
"Mich auch nicht, aber aktuell hab ich eh so Kreislaufschwankungen. Hatte erwartet, dass ich's nicht so easy wegstecke. Aber geht voll."
Wir loben noch kurz die Entnahmetechnik der MFA, weil es gerade bei mir gar nicht so einfach ist, ein Venchen zu treffen, wenn auch einfacher seit ich aussehe wie ein tapeziertes Skelett.
Wir gehen noch kurz zu Rewe und zu Saturn und legen uns dann nochmal hin, weil wir auf die Blutentnahme dann doch ein bisschen warten mussten und die Stühle im Wartezimmer so ganz ungeeignet für uns sind, aktuell.
"Kommst du später mit, die Freundin von Buddy kennenlernen?"
"Wann?"
"Halb fünf, glaub ich. Oder vier. Ich schau dann mal."
"Ja und ich schau, wie es mir dann geht."
Wir laden uns Lovoo runter, weil wir ja wieder "Not or Not" spielen wollen und entdecken ganz neue Laute für "Oh" und "Ah" und vor allem "NOO". "Vielleicht liegt das an uns, Bebi.", sage ich. "Das sag ich doch schon die ganze Zeit."
"Aber wirklich, ich kann das nicht mehr ertragen. So ein Minimum muss sein. Ich bin ja wirklich bereit, Abstriche zu machen, wenn der Flow passt und sie nett ist und so, aber ganz so krass muss es ja nicht mehr sein. Ich brauche die "Warum?"/"Wie kannst du nur?"-Frage echt nicht mehr."
"Glaub mir, ich auch nicht."
So ein bisschen Oberflächlichkeit muss halt in der Situationship sein, sorry. Aber es geht ja auch nicht drum, ne Beziehung zu führen - nichts läge uns ferner. Nicht nur aktuell, sondern im generellen. Da hat es immer nur eine mögliche Kandidatin gegeben und die hätte man vielleicht drüber in Kenntnis setzen sollen, damit sie überhaupt wissen könnte, das die Möglichkeit besteht, weil mein Verhalten ja nicht so unbedingt den Eindruck erweckt hat. Haben die Alternative versucht, aber die hat uns leider so gar nicht geschmeckt. Aber dann hatten wir ein schlechtes Gewissen und irgendwie ist alles aus dem Ruder gelaufen. Notiz für die Zukunft und vielleicht auch für dich: nicht vor den Personen weglaufen, die man mag, weil man Angst hat, ihnen zu sagen, dass man sie mag und dafür einfach das wählen, was gerade da ist. Immerhin haben wir draus gelernt und beenden dumme Sachen im Allgemeinen, also auch Arbeit, ect. jetzt innerhalb ein paar Monaten und nicht erst nachm Jahr (x n).
Wir machen unsere 20-Minuten-Musik-Kopfreset, zumindest haben wir es vor. Läuft nicht so gut, weil Bastis Handy oder die Kopfhörer oder das Internet nicht mitmachen wollen. Es ist so eine Mischung aus allem. Er ist maximal angepisst und ich... naja, was soll ich sagen? Ist halt so. Ändern kann ich's auch nicht und seine Stimmung kann ich grad leider auch nicht verbessern.
"Egal. Gehen wir einfach duschen."
14.00 Uhr
Wir gehen duschen und schweigen. Ist manchmal gut. Heißes Wasser und in Eintracht die Fresse halten. Fällt mir zwar manchmal schwer, weil ich zwar nicht gerne mit andren Leuten über mich rede, aber meinen Freund zuspame wie ein Wasserfall.
Die Wohnung ist schön warm und ich kann mir in Ruhe nur in ein Handtuch gewickelt Kleidung suchen. Dass die Wohnung warm ist, obwohl Dezember ist, freut mich besonders, denn in meiner Kindheit habe ich im Winter gefroren und im Sommer konnte ich vor Hitze nicht schlafen. Nicht weil ich irgendwo in in einem fernen Land auf der Straße aufgewachsen wäre, sondern einfach, weil die Dachwohnung im Allgäu nicht so gut isoliert war. Das mit der Isolierung ist hier auch nicht so toll, aber es ist so periodisch warm hier drin und grade ist eben eine gute Zeitspanne, sich mal drüber zu freuen. Es ist jetzt bald zwei Jahre her, dass wir das Allgäu endgültig verlassen haben. Seither war ich nur zwei mal dort. Erst zu meiner Gerichtsverhandlung und dann zur Beerdigung meines Opas. Hätte mir früher nie vorstellen können, dort mal wegzugehen, kann mir jetzt gar nicht mehr vorstellen, dort zu leben. So ist das halt manchmal. Das Leben ist ein Abenteuer. Ach, die Weihnachtszeit macht doch immer nostalgisch. (Manche Erinnerungen hätte ich mir lieber erspart und deswegen lasse ich euch da jetzt auch nicht drunter leiden << man muss wirklich nicht alles wissen, vor allem, wenn keiner gefragt hat)
Dafür freue ich mich über die total süße Aktion, die meine Eltern gemeinsam fürs Tierheim gemacht haben, in dem ich gearbeitet habe, als ich noch dachte, ich könnte mich irgendwie in ein einigermaßen normales Leben einfügen. Am Tierheim lag's auch nicht, zu dem hatte ich eine halbgesunde Hassliebe, wie man sie halt braucht und trotzdem hab ich's auf die Arbeit geschoben und nicht auf meine wirklich nicht so tolle private Lage, als meine Chefin mich irgendwann weinend im Katzenzimmer gefunden hat und gefragt hat, was los ist. "Das wird mir alles zu viel hier. Und der ganze Tod und der Druck und die Verantwortung. Ich kündige!"
"Jana, wollen Sie sich das nicht nochmal überlegen? Wir brauchen Sie hier?"
"Nene, alles gut, niemand braucht mich. Und es ist einfach zu viel. Blabla, heuli heuli, Tierheim ist schuld." Hauptsache von meiner hässlichen Realität ablenken. Erstens, weil's wirklich echt zu peinlich war und zweitens, weil ich's mir dann selbst eingestehen hätte müssen und das nicht möglich war, weil ich keinen Ausweg aus meiner Situation sah.
Ich bin dann doch auf Teilzeit geblieben, bis ich "untragbar" wurde, was auch stimmte. Also traurige Geschichte, die man sehr viel länger ausführen könnte, aber nicht mehr heute.
Heute geht's nämlich drum, dass meine süßen Eltern, die langsam endlich sie selbst zu werden scheinen (was ich sehr begrüße, weil das ganz lange meine Mission war) und dass sie ihre ganzen 5 Euro Scheine gesammelt haben und dem Tierheim eine kleine Flaschenpost mit tollem Kätzchen-Papier haben zukommen lassen. "Auch in deinem Namen.", hat meine Mama gestern geschrieben und mein Papa hat mir auf Facebook den zugehörigen Link zum Tierheimpost gesendet. Wirklich süß, dass sie meine alten Traditionen aus der Zeit, als ich noch einigermaßen funktionstüchtig war, auf. Nicht, dass mein um-mich-herum damals nicht auch schon irgendwie absurd gewesen wäre, aber noch einigermaßen erträglich. Bisschen blutig manchmal, bisschen demütigend teils, ganz oft ganz dumm, aber was anspruchsvolles hätte ich ja auch nicht zusätzlich ertragen können. Wie das Leben einer jungen Frau halt so aussieht, wenn sie gerade von der Schule gegangen wurde, der Freund so ein bissl schwierig ist und die Family sich in ihrer eigenen Schleife eindreht und sie einfach nur noch versucht, Schadensbegrenzung zu betreiben und dabei ein wenig das Leben einer "normalen" Jugendlichen zu führen. Also aus den - von jetzigen Standpunkt aus betrachtet - wirklich easy times. Aber ich hab's ja damals schon gesagt, nach dem 18. kommt erstmal nichts Gutes mehr... Maybe Selbsterfüllende Prophezeiung oder maybe auch einfach eine Folge der Umstände aus a) psychosomatischen Ausfallerscheinung seit dem 12. Lebensjahr b) reaktiver Depression mit 15 und allem, was darauf folgte und ich lieber gar nicht mit Ärzten oder Therapeuten gesprochen habe.
Wie auch immer, neben den Erinnerungen an die, die ich mal gewesen bin, hätte sein können und dann wurde, mischt sich die Freude über das wiederaufleben lassen meiner kleinen Tradition und denke dann über Tradition im Allgemeinen nach, weil ich im Herzen ja irgendwie ein Spießer bin. Ich mein, mein Sonntagabend-Jugendprogramm bestand aus Tatort schauen (zumindest wenn es irgendwie möglich war), also so richtig typisch alter Deutscher eben. Frauenbarth halt.
Wegen solcher Denkketten hat meine Mama mich als Kind zum Arzt gebracht. Also: "Meine Mutter hat mich testen lassen." Soweit alles in Ordnung, nur Motorik und Koordination nicht so top. Merke ich bis heute, aber das machte es halt folgend auch schwer, von außen zu erkennen, ob ich nachdenke oder dissoziiere. Verstehe ich schon.
"Vielleicht liegt es ja doch an uns.", sage ich manchmal und Basti antwortet dann mit: "Das sag ich ja schon lang." Zu anspruchsvoll, zu unzugänglich, zu abweisend, um nur einiges aufzuzählen. Ist ja nicht so, als würden wir uns keine Mühe geben, nur leider eskaliert das halt dann manchmal in die andere Richtung und dann hassen wir uns selbst, weil wir Zeit an Menschen verschwendet haben, die - ja, sagen wir mal: nicht gut für uns sind. Egal in welcher "Beziehung".
Ich fische ein Shirt vom Wäscheständer und schlüpfe rein. Dann werfe ich kurz einen Blick auf mein Handy. Ein verpasster Anruf vor zwei Minuten und eine What's App Nachricht. Ich rufe zurück. "Hey, ich hab deine Nachricht gerade gelesen, aber noch gar nicht aus dem Fenster geschaut." Ich spitzle am Vorhang vorbei aufs Sonnenstudio runter und so ungefähr zehn/qm - dafür zugegeben recht dicke - Schneeflocken fliegen aufs nicht bedeckte Vordach. "Ohje! BITTE bleib zuhause! Ich komm ausm Allgäu, normalerweise müsste ich jetzt wegen deiner Nachricht lachen, aber ich verbringe bereits meinen zweiten Winter hier. Also bitte bleib daheim und wir treffen uns, wenn die Straßen sicherer sind."
Ist wirklich ein Drama, wenn hier a bissl Schnee fällt. Man könnte ja meinen Frankfurt wäre das schon gewohnt, aber ...
Letztes Jahr mussten wir mal von Oberursel mitm Taxi heimfahren, weil die S5 von FFM aus einfach nicht mehr fahren konnte. Wegen Schneechaos. Und die Busse kamen nicht. Einige Leute sagten, sie stünden schon zwei Stunden (Warum fangen sie nicht irgendwann an zu laufen? Z.B. Hab ich noch nie kapiert. Also hier geht's natürlich um Stadtbusse und Kurzstrecke, Frankfurt - Bad Homburg sind etwa 13km, das wäre wirklich machbar). Zum Schneechaos: Ja, es hat geschneit und es war Matsch auf der Straße, das ist wahr. Und im Hochtaunus am Verkehr teilnehmen ist eh in jeder Form ein Abenteuer. Alle reden immer vom Hauptbahnhof, aber keiner von den Straßen. Hoffe ja, dass das nicht das Schicksal des kleinen Prinzen und seines Menschen wurde.
"Okay, dann sehen wir uns also am Montag."
"Ja, genau! Perfekt, ich freu mich!"
"Super, schönen Nikolaus und schönes Wochenende!"
"Ebenso!"
Ich informiere Basti, dass wir heute nirgends mehr hingehen müssen und freue mich drüber, weil ich wirklich keine Lust mehr hatte, rauszugehen. Mein neuer PC ist ja da und das Internet funktioniert jetzt und WoW läuft und ich will endlich mein Meute mal strukturiert durch die Woche bringen. Die Todesritterin hat gestern alles brav erledigt, heute ist die Jägerin dran.
Basti setzt sich auf seinen Stuhl, schaltet sein Laptop an und sagt: "So, es ist jetzt an der Zeit, die Gilde zu verlassen."
"Was? Es ist unsere Gilde. Warum sollten wir sie verlassen?"
"Weil sie gestern das Fass zum überlaufen gebracht haben."
Es waren noch nicht viele Leute. Ein paar einsame ostdeutsche Seelen, die halt irgendwie einen Narren an Basti als Heiler gefressen hatten (vermutlich weil er sehr galant sein kann, wenn sich Leute ganz dämlich anstellen und andere Spieler nicht so freundlich sind) und wir mal wieder damit beschäftigt waren, jedem eine Chance zu geben. Und auch eine zweite. Und die direkten Hinweise, keine politischen Themen einzubringen, weil das auch völlig fehl am Platz ist und es gerade in einem Online-Rollenspiel nicht um das weltliche Drama gehen sollte. Irgendwo brauchen wir ja auch mal Ruhe. Unser Gildenwappen war ein Regenbogen, also schon schön dumm, wenn man nicht kapiert, wen man da grad so "super maskulin" anhimmelt, während man so im viertel Stunden Takt zum Kühlschrank geht um ein neues Bier zu holen. Aber hey, immerhin hat der Typ einen Kühlschrank, damit ist er besser ausgestattet als wir.
"Mit?"
"Einer ganz dummen Begrüßung."
"Oh."
"Ja."
"Deswegen wolltest du gestern gar nichts mehr sagen? Du hattest keine Worte mehr?"
"Ja."
"Verstehe ich."
"Ja."
"Tut mir leid, Bebi."
"Ja, mir auch. Ich hab mir wirklich Mühe gegeben, einfach Menschen außerhalb ihrer Gesinnungsblase zu sein und oft genug betont, dass ich selbst mit Ausländern aufgewachsen bin und mich dementsprechend verbunden fühle und von allem anderen brauchen wir ja gar nicht reden."
Ich hab vor drei oder vier Wochen mal eingeworfen, dass ja auch die Möglichkeit bestünde, dass Töchterchen sich in eine Frau verliebt, was natürlich erstmal völlig absurd war, dann aber auf einmal doch okay, nachdem Basti einfach ganz ruhig drauf hinwies, dass es ja am wichtigsten ist, dass das Kind glücklich ist. Da kommt dann nämlich auf einmal ein: "Ja, das stimmt. Eigentlich ist mir das ganz egal."
Aber halt doch nichts gelernt.
"Aber halt doch nichts gelernt.", sagt Basti und schüttelt den Kopf. "Wie sauer bist du, Bebi?"
"Du machst dir keine Vorstellung. Auf jeden Fall ist die Gilde verseucht, der Name ist tot. Wir starten vielleicht nächste Woche anders neu, aber jetzt schreibe ich erstmal noch eine Nachricht, damit sie auch verstehen können, was das Problem ist und das man das auch nicht mit 'war doch nur ein Spaß' abtun kann. Nicht mehr in der aktuellen Lage."
Ist ja nicht so, als hätten wir nicht beide schon über Überdeutsche in ihrer Gegenwart gelacht, während wir ihre Lieder mitsingen konnten oder ganz brav Witzchen erzählt haben. Man findet vieles über diese traurigen Existenzen raus und "Schrei nach Liebe" trifft es ganz gut. Cave! Sie können aggressiv reagieren, wenn sie das Lied hören oder auch sehr traurig. Das kommt auf Pegel und Situation an. Unüberraschend viele dieser Männchen haben mir übrigens auch schon ganz im Vertrauen von ihren geheimen Fantasien erzählt. Hab ich sie verraten? Nein, weil ich nicht so bin, aber unterm Strich können wir festhalten: Schätzchen, lasst die Hosen runter und seid doch einfach glücklich miteinander anstatt irgendeine Frau zu suchen, die das für euch legitimiert. Völlig unsexy, echt. Also nicht die bisexuellen Männer, sondern die männlichen Mann-Männer, die so allerhand Unfug auf unserer Erde betreiben.
"Ich habe keine Angst vor rechts. Darum geht's nicht. Das wird die Bevölkerung nicht mehr zulassen. So dumm kann man in der heutigen Zeit nicht sein."
Ich verweise auf einige Beispiele und auch auf eben dieses und dann auf vor hundert Jahren, oder hundert Jahre zuvor, ect. pp.
"Ja, ok. Aber jetzt ist eine andere Zeit. Und ich will den Glauben nicht aufgeben."
Ich bewundere ihn wirklich. Es geht ihm echt schlecht in letzter Zeit. Und trotzdem oder gerade in solchen Momenten ist dann er derjenige, der mir das Licht wieder bringt.
"Wir haben nicht so lang gekämpft, um jetzt aufzugeben. Und wir sind nicht allein."
Fühlt sich irgendwie manchmal so an, aber er hat recht. Es gibt viele großartige Menschen, die sich für die Umwelt und ihre Mitlebewesen einsetzen. Im Großen und im Kleinen und das ist wunderbar.
"Also, alle raus aus der Gilde?"
"Ja, schmeiß alle deine Chars raus, übertrag den Lead und verlass dann auch mit der DK die Gilde. Discord ect. mach ich."
"Das ist so ärgerlich."
"Ach Bebi, wir haben doch schon so oft von vorn angefangen. Was soll's?"
Ich schreibe den Blogbeitrag von Mittwoch und Basti heilt mal eine Gruppe, die spielen kann. "Geschafft?"
"Natürlich ++, hab ja auch nicht mit denen gespielt."
"Ja, wir müssen nochmal übers Abgrenzen reden. Du hattest schon wieder viel zu lang schlechte Laune wegen dem Quatsch da."
"Ja."
"Der Winter naht, Bebi."
"Der Winter ist schon lang hier."
Oh, dear summerchild... Sind wir nicht alle ein bisschen Bran und wollten nicht hören? Hochmut und Fall... Wenn du mir nicht folgen kannst, bist du wahrscheinlich unter 30 oder vielleicht auch einfach kein Nerd, der Game of Thrones als Alternativwelt für mindestens ein halbes, aber vielleicht eher eineinhalb Lebensjahre hatte. Irgendwie erschien mir die Welt dort schöner als meine.
Das war dieser eine Moment Ruhe, wenn alle einfach mal still waren. Mein Papa und ich haben ein Glas Wein getrunken, oder auch mal 'ne Flasche (oder vielleicht war das auch nur ich, wer weiß das schon so genau) und die ganze HappyFamily ist in Martin's Kopf verschwunden und ich hatte... ja, Ruhe. Meine Katzen irgendwo um mich verteilt. War nur immer sehr traurig, wenn die Folge dann zu Ende war. Der Trick ist, etwa fünf bis zehn Minuten vor Ende der zweiten Folge einzuschlafen, um am nächsten Tag einfach wieder zur Arbeit gehen zu können (BTW ins Tierheim <> später Tierarztpraxis). Und wenn ein bissl mit Wein nachgeholfen werden musste, dann halt so. Stellen wir an dieser Stelle fest: Schön blöd, wenn man sich selbst so opfert.
"Hey Bebi?"
"Ja?"
"Hast du vielleicht Lust, neue Chars mit mir anzufangen? Mein Heiler braucht eine Pause. Und ich von der Sache."
"Ähm." Ich stehe vor der Überforderung meiner ungefähr 10 Lowies und meiner 3 LVL 80er und ihrer Weeklys inklusive Zeitwanderung, Berufen, ect.
"Nur wenn du magst."
"Ja, ich überlege grade, ob ich nicht einfach meine Paladine mitnehme, aber die sitzt noch in Camp Na..."
"Narache."
"Genau... fest. Offenbar fand sie es irgendwann mal schlau, ihren Ruhestein dort zu platzieren, aber sie kann ja noch nicht reiten. Jetzt ist sie fast 6k von OG entfernt und bis die da rüber gelaufen ist..."
"Wie du magst, Bebi."
"Was spielst du denn?"
"Bilde mir schon lang 'nen Schamanen ein. Aber auf der anderen Seite... Ein Rufer wäre auch cool."
"Sag mir nochmal alles, dann sag ich dir, was ich dazu mache. Meine Schurkin wird irgendwann mit deiner Hexerin laufen, wenn sie dann da sind. Deswegen Hexenmeister oder..."
"Mönch."
"Auf gar keinen Fall. Und falls doch irgendwann mal, wird's ein Panda."
Es werden ein Schamane und ein Hexenmeister. "Sagst du mir den Namen oder schauen wir einfach, ob sie dann zusammen passen?", frage ich. "Lassen wir uns überraschen."
Wenn ich meinen kleinen Fuchs so anschaue, muss ich irgendwie an Feuer denken. Irgendwie läuft die Idee nicht so gut und jetzt klingt er mehr als wäre er ein Nasenspray, aber das fällt mir halt erst auf, als ich sein UI einstelle. Na ja, who cares und ich hab schon die lustigsten Charakternamen gelesen. Frauenbart war übrigens auch schon dabei.
"Warum geht das jetzt nicht?"
"Weil du wahrscheinlich keine Faustwaffe trägst. Schildhand.", sage ich. "Ging mir mit meinem neulich genauso."
"Ja, stimmt. Aber warum hat er nicht von Anfang an eine mitbekommen?"
"Das weiß ich wiederum nicht."
"Würd ja lachen, wenn der Hexenmeister dein Main wird. Der ist sau schwer, aber bisher zieht du uns grad alle im Schaden ab."
"Ich kann ja jetzt auch was sehen an meinem neuen Bildschirm und fliegen und so und ich hab ja auch fleißig geübt. Und außerdem haben wir erst fünf Fähigkeiten oder so, da ist das ja wirklich noch einfach."
"Find's schön, dass du langsam im Spiel ankommst."
"Ich auch, dann kann ich vielleicht auch irgendwann mit dir in den höheren Klassen spielen."
"Toll, jetzt hab ich quasi bis Level 20 als Ele gespielt. Und musste viel Gold ausgeben, weil die echt unverschämt sind und die ganzen Anfänger im AH echt krass abzocken."
23.05 Uhr
"Bebi, ich glaub, wir machen für heute Schluss, ja?"
"Klar... Geht's dir gut?"
"Nein... Ich geh noch schnell duschen und dann schauen wir vielleicht noch ein bissl Serie, oder? Tut mir leid, Bebi."
"Hör jetzt endlich auf, dich zu entschuldigen, wenn es dir nicht gut geht."
Wir schauen eine Serie aus seiner Kindheit, die für mich tatsächlich mal neu ist und deren Handlung ich gut folgen kann. Es ist nicht unbedingt eine Kinderserie, aber das mit der Kindheit und ihm ist eh so eine Sache.
Wir 90er Sommer-Kinder, gut geht's uns, oder?
Kommt wohl ganz drauf an, was wir jetzt draus machen...
Kurz zur Gildensache: Nachdem wir gecheckt haben, dass die Jungs nicht so ganz knusprig sind, haben wir natürlich keine weiteren Leute mehr eingeladen und die Situation erstmal beobachtet.
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