Keys & Stones
- FRAUENBARTH
- 20. Okt. 2024
- 11 Min. Lesezeit
8.00 Uhr
Der Wecker klingelt. Ich drücke auf Schlummern.
9.45 Uhr
"Hey, es wäre mal fast noch okay zum Aufstehen, damit wir uns dann nicht hassen... Bleiben wir noch fünf Minuten liegen?"
"Ja."
10.25 Uhr
"Wir müssen noch zu Hasi."
"Ja."
Wir quälen uns aus dem Bett hoch, klettern unter die Dusche und machen uns fertig für den Tag. Waschen und anziehen kann mitunter etwas dauern, wenn beide eingeschränkt sind und wir sind oftmals oder eigentlich fast immer auf gegenseitige Hilfe angewiesen. Manche Dinge wie Socken anziehen machen wir dann doch besser allein, aber das dient eher dem Schutz des anderen. Während Basti seine Haare kämmt, damit ich sie im Nachgang flechten kann, checke ich schnell meine Socials. Frauenbarth hat 84 Aufrufe und einen Follower.
11.52 Uhr
Wir machen uns gemeinsam auf den Weg zu Hasi, sammeln unterwegs zur Bushaltestelle noch schnell Frühstück auf. Zumindest ist das der Plan. Basti holt sich ein belegtes Brötchen und ich finde alles in der Auslage sieht eklig aus und verzichte. Hol ich mir später lieber am Bahnhof was.
Wir steigen in die 4 und fahren Richtung Dornholzhausen. Ich find's schön, dass wir gemeinsam fahren. So handhaben wir die Dinge gewöhnlich auch. Zusammen. Aktuell sind wir nur so oft aufgeteilt, weil es eben dann einfach nicht anders geht. Ich werfe einen Blick zu ihm und mache mir Sorgen. Er ist sehr blass und der Schmerz lässt ihn immer wieder kurz abdriften. Aber ich bin auch wahnsinnig stolz. Er ist so stark und tapfer. Fremde erkennen kaum, was in ihm vorgeht. Die denken vielleicht, er hätte schlecht geschlafen oder hätte 'n bisschen 'ne Erkältung. Dass der Mann aber Phasen am Tag durchlebt, in denen er um jeden Atemzug kämpfen muss, ist schwer vorstellbar, wenn man ihn so von Außen betrachtet.
Wir gehen das letzte Stück zu Fuß und er wartet unten, während ich mich in die Festung von Bossbunny aufmache. Er hat ein bisschen umdekoriert und seine Toilette in die Mitte seines Reviers platziert und dabei Streu und anderes verteilt. Jetzt muss er damit leben, dass ich ein bisschen länger brauche als sonst und das akzeptiert er heute auch ohne Angriff. Als ich gehe sieht er es trotzdem als seinen Verdienst an und nicht als Folge der Erledigung meiner Aufgabe, schließlich hat er ja nochmal laut geknurrt.
Ich wandere das Treppenhaus nach unten, werfe die Schlüssel in den Briefkasten wie jedes Mal. Den Bund, den ich kenne und den einzelnen Schlüssel, der mit in unserem Briefkasten lag.
Wir erwischen gerade noch den Bus zum Bahnhof und hören ein bisschen Musik. Unterwegs mache ich ein paar Instagramstorys für unsere Accounts und am Bahnhof angekommen schauen wir kurz zum Bäcker. In der Auslage sieht für mich alles eklig aus, also gehen wir wieder.
13.15 Uhr
Wir betreten die Trainingsfläche des Fitnessstudios und machen unser Workout. Moderates Brusttraining. Ich fühle mich körperlich einigermaßen okay. Nach wie vor keine Krämpfe, Energielevel okay, der Rücken drückt ein bisschen, aber das ist ja Normalzustand. Ich habe diese Woche nur ein Kilo verloren, damit kann ich gut leben. Alles in allem bin ich zufrieden. Es scheint wieder in die richtige Richtung zu gehen.
14.25 Uhr
Der nette Dönermann winkt uns rein und wir quatschen kurz. Er bietet uns an, uns schnell was zu essen zu machen, doch wir sind müde und müssen wirklich nach Hause. Der Zweite kommt dazu und wir tauschen uns kurz über den entlaufenen Hund am Mittwoch aus. Alles gut soweit. Den Ausflug wird sie zwar noch ein paar Tage merken, aber wenigstens ist nichts Größeres. Wir erklären, dass ihre Einladungen wirklich super nett sind und wir später wirklich, wirklich, wirklich versuchen, zum Essen vorbeizukommen und wissen bereits, dass das nicht der Fall sein wird. "Du musst essen.", rufe ich über die Theke, weil er viel zu dünn wird und komme mir vor wie ein Vollidiot, weil ich ebenfalls essen sollte, weil ich mich viel zu dünn finde. Schön, wenn man gute Ratschläge für andere hat, die man selber gerade nicht einhält.
Sie geben uns eine Kleinigkeit mit und wir schleifen uns in den Hinterhof.
Unser Schlüssel lässt sich nicht umdrehen. "F*ck!", rufe ich. "Was?", fragt mein Freund. "Ähm ja, da war doch dieser komische Schlüssel in unserem Briefkasten am Mittwoch. Und ich dachte der gehört auch zu Hasi. Und dann hab ich ihn da in den Briefkasten getan... aber... Es waren ja die Tage hier auch Handwerker und der neue Nachbar ist eingezogen und so. Vielleicht haben die das Schloss ausgetauscht und uns den Schlüssel einfach in den Briefkasten gelegt."
"Ja, aber das kann's doch nicht sein."
"Ja, was weiß ich. Geht die Tür auf oder nicht?"
Die Tür geht nicht auf.
"F*ck!"
Typisch. Immerhin haben wir es geschafft, unser Training zu machen. Jetzt stehen wir an einem Sonntag vor einer verschlossenen Tür. Der Schlüssel dazu liegt vermutlich in einem Briefkasten 3 Kilometer von uns, inklusive des Schlüssels zu diesem Briefkasten. Ich schicke eine Sprachnachricht nach Dublin mit der Info, dass es dem kleinen Lord gut geht, wir hoffen, dass die Ladies dort eine schöne Zeit hatten und sich doch bitte melden mögen, wenn sie wieder in Frankfurt gelandet seien, damit wir dann auch wieder in unsere Wohnung kommen.
"Und was machen wir jetzt?"
"Ah! Der neue Nachbar! Der wird ja auch gleich den neuen Schlüssel bekommen haben, sollte dem so sein."
Warum wir bisher noch nicht bemerkt haben, dass der Schlüssel nicht mehr passt? Weil die Tür ohnehin nicht mehr richtig geschlossen hat und wir selten einen brauchen, seit wir hier wohnen. Also an sich ist es ja gut, wenn mal ein neues Schloss drin ist.
"Ja und wie willst du den erreichen?", fragt er und schaut mich argwöhnisch an. "Die Klingel ist kaputt und vielleicht ist er nicht daheim."
"Vielleicht arbeitet er aber auch."
"Ja. Es ist Sonntag."
"Ja, er ist Gastronom."
Wir laufen zurück zum Rathaus und ich frage nach meinem Nachbarn, dessen Namen ich dummerweise nicht kenne. Er hat keine Schicht und die anderen Servicemitarbeiter scheinen auch nicht so genau zu verstehen, was ich will und mustern mich argwöhnisch, als wäre ich irgendeine komische Stalkerin, dabei will ich doch einfach nur in meine Wohnung. "Ja, hier arbeitet schon jemand, auf den die Beschreibung passt, aber der wohnt nicht in der Hausnummer."
"Ja, kann sein, dass das bis vor kurzem so war. Der ist erst am 15. bei uns nebenan eingezogen und ich brauche einfach nur kurz irgendwelche Kontaktdaten, damit ich unten die Haustür aufmachen kann.", versuche ich zu erklären. "Also ne, der wohnt nicht dort. Und ich kann da auch keine Auskunft geben."
"Okay. Danke."
Ich gehe wieder und berichte Basti von meiner erfolglosen Mission. "Ja, und was machen wir jetzt?"
"Doch mal die Klingel probieren?"
Wir gehen zurück nach Hause und drücken alle Klingeln. Nichts passiert.
"Steck den Schlüssel nochmal rein, vielleicht klemmt das blöde Schloss bloß oder was weiß ich. Wäre ja schon schlau, wenigstens einen Zettel an den Schlüssel zu machen, wenn man das Schloss austauscht. Mach einfach ruhig."
Es funktioniert. Offenbar hatte sich nur irgendwas verklemmt. Wenigstens geht die Haustür jetzt auch wieder zu. Wunderbar. Ich lösche die Sprachnachricht und schicke eine weitere, dass es dem kleinen Boss gut geht und dass ich eine angenehme Heimreise wünsche.
Endlich in der Wohnung angekommen, trinke ich eine Tasse Kakao und tippe diesen Eintrag.
15.18 Uhr
Ich lerne meinen Dämonenjäger näher kennen.
16.30 Uhr
Ich schaue auf mein Handy und sehe einen verpassten Anruf von Hasis Mama. Ich rufe zurück und hoffe, dass alles gut ist. Nie ein gutes Zeichen, wenn man am Heimreisetag angerufen wird... "Hey... Alles gut?", melde ich mich zögernd, als ich höre, das sie am den Anruf annimmt. "Hallo meine Liebe. Nein, eigentlich nicht..."
Mein Herz schlägt bis zum Hals. Hasi ist tot? Aber gerade sah er doch noch putzmunter aus? Vielleicht hat er sich auch nur eine Kralle ausgerissen oder irgendwas kaputt gemacht. Hab ich die Balkontür zugemacht? Ich war mir so sicher. Die Tür habe ich zwei mal abgesperrt und beide Schlüssel liegen im Briefkasten. Was zum Teufel kann denn jetzt in den paar Stunden passiert sein?
"Also wir stehen gerade am Flughafen..."
Die Diashow vom toten Bossbunny löst sich schlagartig auf und verwandelt sich in eine Szene von einer verzweifelten Mutter, die nur einen kurzen Trip mit ihrer Tochter machen wollte und jetzt im Ausland festhängt. "Wir wissen noch nicht, wann wir zurückfliegen können. Wir versuchen auf Morgen umzubuchen, aber so wie es aussieht, kann es auch sein, dass wir erst am Dienstag einen Rückflug kriegen."
Ich verspreche mich darum zu kümmern, den Schlüssel wieder aus dem Briefkasten zu angeln und Hasi weiterhin zu versorgen.
Basti ist auch schon auf 180, weil er denkt, irgendwas stimmt mit Hasi nicht, aber beruhigt sich schnell, als er mitbekommt, dass es nur um ein Reiseproblem geht. "Alles easy, kriegen wir hin!", ruft er dazwischen und klingt dabei zuversichtlich genug für uns beide.
"Kann eigentlich irgendwas mal normal laufen?", frage ich, als ich das Telefonat beendet habe. Er zuckt die Achseln und bereut es.
16.46 Uhr
Ich schlüpfe wieder in die Haut meines neuen Dämonenjägers. Level 16 ist er schon. Braver Bub. Wird ein Tank. Der Dritte im Bunde. Oder zweieinhalbte. Ich habe noch eine Kriegerin und die Druidin tankt auch ab und zu.
18.16 Uhr
"Hey Bebi?", sage ich und drehe langsam meinen Kopf zu ihm.
"Hm?"
"Ich muss mich nochmal hinlegen. Kannst du mich spätestens um acht wecken wegen der Schlüsselsache bei Hasi?"
"Klar, schlaf gut mein Engel."
20.06 Uhr
"Hey Bebi? Magst du einfach kurz dableiben und weiterschlafen?"
"Nääääääääääää"
Ich quäle mich hoch und spüre das erste Mal seit langem ein gähnendes Loch in meiner Magengegend. Hunger. Wie schön. Hatte ich schon lange nicht mehr richtig. "Holen wir uns noch was zu Essen für unterwegs bei den Jungs unten?"
"Gute Idee!"
Als ich mich anziehe, macht sich Basti auf die Suche nach einem Drahtkleiderbügel, den wir verbiegen können, um den Schlüssel wieder aus dem Briefkasten zu angeln. "Wir haben doch ganz viele von den Sche*ßteilen! Dann wird das alles ganz easy! Aber wo kann ich nur einen finden?"
"Ähm... Ich glaube... vielleicht.... du erinnerst dich doch an unsere schöne Dornröschenschlafzimmerlampe, ja?"
In Ermangelung von Elektrikerkenntnissen und einem Mann, der sehr viel bei der Arbeit eingespannt war, habe ich letztes Jahr die einzelne Glühbirne, die unser Schlafzimmer beleuchtet hat, mit einer Konstruktion aus Draht und Kunst-Efeu verkleidet und mit getrockneten Rosen dekoriert. War ganz hübsch. Inzwischen hängt eine dimmbare LED-Lampe mit wechselbaren Licht und Fernbedienung im Schlafzimmer, was nur bedingt praktisch ist (man müsste halt immer wissen, wo diese blöde Fernbedienung ist).
"Ja..."
"Ja. Da hab ich wahrscheinlich alle davon aufgebraucht?"
"Na, das passt ja wieder wunderbar zu unserem Leben."
"Jup."
Ich stehe fertig angezogen und in Krümelmonsterjumpsuit und Winterparker eingepackt bereit und warte darauf, dass er seine Schuhe anzieht. Er läuft durchs Wohnzimmer und bleibt mit den Zehen am Sissysquadtrainer hängen. "F**************ck!"
Während er flucht, suche ich den letzten Drahtkleiderbügel aus dem Schrank. Eins seiner alten Gastrohemden müsste noch auf einem Hängen. Ein Griff in den Schrank und ich habe den Bügel. "Geht's", frage ich und wedle triumphierend mit dem Kleiderbügel vor seiner Nase. "Nein. Wo hast du den jetzt gefunden?"
"Im Schrank."
"Davon schreibst du in deinem Blog, okay? Also von der ganzen Sache."
"Genau wegen solcher Sachen hab' ich den ja."
Er quetscht seine inzwischen geschwollenen Zehen in die Schuhe und wir gehen runter zum Dönerladen. Nach tausenden Versprechungen, wir würden später vorbeikommen, machen wir sie heute endlich wahr und das ist ja immerhin schon mal ein kleiner Erfolg, auch wenn wir es nur mitnehmen und nicht bleiben.
Wir bestellen uns zwei Falafel-Dürüm und nehmen uns was zu Trinken aus der Kühlung. Wir erzählen nochmal ganz in Ruhe die Hundegeschichten und versichern, dass es Aqua bis auf ihre wundgelaufenen Pfötchen gut geht und sie auch mal wieder zu Besuch kommen wird. Die Hunde haben mit den Dönerjungs zwar nicht so viel am Hut, weil der eine Angst hat und der andere Allergisch ist, aber sie gehören ja doch irgendwie dazu und es ist total schön zu sehen, wie sie sich Gedanken um die Süßen und uns machen.
"Mögt ihr Pommes mit rein?" Gute Idee. Wir nicken. "Magst du diese Soße?", mein Lieblingsdönerjunge lächelt mich an: "ist vegan. Hab ich hier noch Gewürz, auch vegan. Ist lecker!"
"Sehr gerne!"
Wir lieben es hier einfach. Unsere Nachbarn sind so unglaublich süß und aufmerksam. Zufrieden machen wir uns mit unserer reichlichen Beute auf den Weg zum Bahnhof und beschließen, einfach hier zu essen und auf den Bus zu warten. Hat irgendwie auch was Romantisches und ich bin froh, dass wir das gemeinsam machen. Ist ja schließlich auch nicht so alltäglich, irgendwo abends einen Schlüssel mit einem Kleiderbügel aus einem Briefkasten von einem fremden Haus zu ziehen. Ich kann mir die Schlagzeile schon vorstellen: Frau in Krümelmonsterkonsum und Bodybuilder brechen in Dornholzhausener Wohnblock ein.
"Na, immerhin wissen wir dann voneinander, wo wir sind.", habe ich nachmittags noch scherzhaft gesagt, als wir besprochen haben, dass wir diese Aktion auf jeden Fall zusammen durchziehen.
Der Bus fährt ein und wir steigen ein. Nach einer Weile fragt Basti, an welcher Haltestelle wir raus müssen und ich stelle fest, dass wir nach Kirdorf fahren. "Die nächste, weil wir im falschen Bus sitzen."
Beim Aussteigen sehe ich auf die leuchtende 22 und seufze. Wir hätte die 21 gebraucht. Egal. "Also wir sind fast schon da, wir müssen nur einmal da durch und dann sind wir auf der Hälfte vom Weg."
"Also wären wir schon da, wenn wir gleich gelaufen wären.", stellt er fest. "Deswegen gehe ich ja meistens von Haus aus.", entgegne ich. Wir wären auch schon da, wenn wir den richtigen Bus genommen hätten, aber das sagt keiner von uns. Wir nehmen die Situation an und der Abend ist ja eigentlich recht schön. Aber warm. Viel zu warm für normale Kleidung + Kuscheljumpsuit + Parker für -20 Grad. "Soll ich die Jacke nehmen?"
"Ne, geht schon. Aber ich wollte eh über was mit dir reden. Gut, dass wir gerade ein bisschen Zeit zum Quatschen haben..." als würden wir nicht den ganzen Tag die Klappe offen haben "was hältst du davon, wenn ich doch schon wieder vorher anfange zu arbeiten?"
Er bleibt stehen und schaut mich an. "Nichts."
Also so ein bisschen mehr hätte ich mir schon erwartet. Etwas wie: "Ja, natürlich, mein fleißiges Bienchen! Das ist die beste Idee des Jahrhunderts und die sechs Wochen, die du früher anfangen willst, werden unsere Situation so gravierend verbessern, dass du auf keinen Fall abwarten solltest!" Aber ich hab ihn ja nicht dafür, dass er mir sagt, was ich hören will, sondern, dass er mein ehrlicher Partner ist und das ist er: "Wie viele Termine haben wir diese Woche geschafft?"
"Keinen.", sage ich kleinlaut und gucke in den Boden. Wir hätten diesen Mittwoch nur ein kurzes Meeting mit einem möglichen Partner für die Projekte nächstes Jahr gehabt, doch hat uns die Gesundheit leider einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich bin seit Februar im Krankenstand und ich würde so gerne wieder was tun, nur ist gerade nichts planbar. Wiedereingliederung für Selbstständige gibt's nicht und auf welchen Teilzeitjob sollte ich mich denn bewerben? Und mit welchem Ergebnis? Mich alle zwei Tage krankzumelden?
"Aber...", beginne ich. "Bebi, sei doch mal realistisch. Wie ist diese Woche gelaufen und wie geht's dir? Was kann ich gerade machen und was werde ich die nächste Woche tun können?"
Er hat recht. Außerdem steht die Wandfarbe für unsere Wohnung seit Anfang August dumm rum, weil wir uns noch nicht gut genug gefühlt haben, wenigstens die kleine Küche in Angriff zu nehmen. Wir hätten richtig schöne Ideen, wie wir die kleine Wohnung richtig gemütlich gestalten könnten, aber dafür brauchen wir ein wenigstens ein bisschen körperliche Kraft. "Und weißt du, was du nächste Woche machen kannst oder übernächste? Und was, wenn's uns beide wieder komplett ausschaltet?"
Auch damit hat er recht. "Du weißt ich steh immer hinter dir und du musst machen, was du für richtig hältst, aber ich finde es eine dumme Idee, früher anzufangen. Bleib bei Anfang 2025 und wir bereiten alles so vor, dass es ein bisschen stressfreier wird."
Er hat recht. Ich bin zu ungeduldig.
Als wir im Dunkeln durchs Laub watscheln, beginnt Basti auf einmal wieder Lauthals zu fluchen. "Schon wieder eine Eichel?"
"Ja, f*ck!"
Er hat sich vor etwa sieben Jahren beim Volleyballspielen eine Sehnenverletzung am Fuß zugezogen. Seither ist diese Stelle sehr druckempfindlich und wenn er irgendwo draufsteigt, wie auf diese Eichel, bedeutet das Tage bis Wochen Schmerzen beim Aufsteigen. Kommt gut, wenn man dazu auch noch solche Rückenschmerzen hat, dass man sich nicht aufrecht halten kann. Gestaltet das Gehen ein bisschen schwer, doch er ist tapfer und ich habe trotz seines Zustands Mühe, mit ihm Schritt zu halten.
Bei Hasi angekommen, warten wir ab, bis einer der Anwohner im Gebäudekomplex verschwindet und machen uns ans Werk. Basti braucht nicht lange und wenig später stehe ich bei Bossbunny, der wie immer genervt von meinem Erscheinen ist. Die Versorgung ist schnell erledigt und ich eile die Treppen wieder nach unten, denn eigentlich will ich nur noch ins Bett.
Wir wandern gemeinsam zur Bushaltestelle und stellen fest, dass wir keine Viertelstunde warten wollen. Also geht die Heimreise zu Fuß weiter und Basti tritt mit dem anderen Fuß auf eine Eichel. Kurz davor hatte er seine Sportschuhe ausgezogen, weil die zuvor angeschlagenen Zehen zu dick wurden. Nun humpelt er tapfer mit seinen Schuhen in der Hand neben mir her, den schweren Oberkörper irgendwie am Ausbalancieren und dem Ausdruck eines Kämpfers in den Augen.
22.57 Uhr
Wir kommen zuhause an und wollen eigentlich noch ein bisschen gemeinsam zocken, doch wir sind völlig am Ende. Wir gehen ins Bett und nehmen uns vor, am nächsten Tag früher aufzustehen. Basti verspricht sogar, in die Notaufnahme zu gehen, wenn es ihm immer noch so schlecht geht. Diese Woche können wir auf seiner Seite verbuchen: starke Schmerzen und Ausfallerscheinungen wegen Scheuermann, Kreislaufzusammenbruch wegen Hundefangen, eventueller Zehenbruch an Sportgerät und Verletzungen durch Herbst.
Für mich sah die Woche auch nicht so rosig aus, dafür bin ich happy, was meinen Gesamtzustand und mein Allgemeinbefinden während meiner Periode anging. Bissi müde, aber krampf- und schmerzfrei. Genieß die kleinen Dinge.
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