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Echt. Chaotisch. Herzlich.

Schön, dass du hier bist! Hier teile ich ehrliche Einblicke aus meinem Leben als tierische Begleiterin, ehemalige Gastro-Tollpatschin und Einzelhändlerin. Es geht nicht um perfekte Karrieren, sondern um echte Geschichten, chaotische Erlebnisse und wie ich mit den Herausforderungen des Alltags umgehe – mal humorvoll, mal herzlich.

Für alle, die flexibles Arbeiten und den Mix aus Spaß und Chaos lieben, bist du hier genau richtig. Bleib dran, wenn du zwischen den kleinen Alltagskatastrophen etwas zum Schmunzeln oder Nachdenken fidest!

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Rick & Morty - Wer ist hier verwirrt?

Aktualisiert: 6. Jan.

8.00 Uhr

Der Wecker klingelt. Ich drücke auf Schlummern und werfe einen Blick auf die Hunde. Das Törtchen hat sich in meinen Arm gekuschelt, Benno liegt an Bastis Beinen. Beide sehen zufrieden aus, wir können noch ein bisschen weiterschlafen. Waren ja nachts nochmal draußen. Weil das Törtchen zwischendrin Bescheid gibt, das sie jetzt bereit ist, Pipi zu gehen. Auf ganz charmante Weise. Sie tippt mir zweimal leicht mit der Pfote auf den Oberarm und ich gehe schnell mit ihr. Auf dem Rückweg sehe ich schon die liebe Postbotin die wirklich schmutzige Kisseleffstraße runterfahren und frag sie jetzt nicht gleich, ob sie mir unser Päckchen geben kann, weil sie ja weiß, wie Arbeit funktioniert. Muss man mal hervorheben. So viel Ärger wir auf der einen Seite manchmal mit Post und Kurierdiensten haben, so nette und kompetente Leute gibt's dafür auf der anderen Seite.


8.40 Uhr

Wir stehen auf, gehen duschen, ich hole ein Päckchen hoch, das die nette Postbotin ins Haupthaus gelegt hat und dann gehen wir Gassi. Benno ist so eine Mischung aus aufgeregt und erkundungsdurstig, aber er benimmt sicher schon besser als gestern Abend. Das Törtchen ist der Traumhund, mehr gibt's dazu nicht zusagen. Sie ist wie beschrieben, nur noch toller. Gibt's keine Worte dafür.

Außerdem bin ich immer noch genervt und der Kommentar "Dieses Jahr beginnt genauso scheiße wie das letzte.", hat mich nicht gerade versöhnlicher gestimmt. Nachdem ich meine erste Morgenzickigkeit losgeworden bin und mich beruhigt habe, stelle ich fest: "Wirklich außerordentlich viel Müll hier. Hat dieses Jahr noch gar niemand irgendwas hier weggeräumt?"

"Tja... Bald brauchen wir Cyberpunk nicht mehr zu spielen... Die Umgebung passt sich ja schon an. Das ist ein Problem."

"Jup. Naja."

Ich überlege mir, ob ich in meinen Tagesplan irgendwie eine Müllsammelaktion für die Kisseleffstraße unterbringen kann, aber habe da aktuell leider wirklich keinen Nerv dafür und außerdem bin ich ja nicht die Stadt. Soll die mal ihren Aufgaben nachkommen.

"Aber finde halt auch erstmal noch jemand, der's macht oder machen kann."

"Hm ja."


Ich verabschiede mich dann auf dem Weg und gehe los zu meinem Gassikumpel, weil heute ja wirklich unser erster Spaziergang stattfindet. Um elf, statt um neun, das ist mir ehrlich gesagt auch ganz recht.


10.50 Uhr

Ich bin ein bissl zu früh. Macht nichts, fünf Minuten vor der Zeit und so. Hat mein "Exboss" vom Rewe mal zu mir gesagt. Aber er hatte eh so ein paar coole alte weiße Männer-Sprüche auf Lager. Schade nur, dass die Weihnachtsfeiern wegen mir jetzt wohl nicht mehr in dem schönen Lokal abgehalten werden können, in dem ich danach gearbeitet habe. Offenbar hab ich das wohl irgendwie verseucht oder so. Tut mir wirklich leid, weil das sind nette Menschen und ich hab ihn ja trotzdem bedient, als wäre er ein Gast wie jeder andere. Was soll das auch. Der Mann hat sich nicht mal die Mühe gemacht, meine Bewerbungsunterlagen zu lesen, andernfalls wäre er wohl nicht von der Info überrascht gewesen, dass ich auch Einzelhandelskauffrau bin. Aber wenn man sich halt lieber benimmt wie ein Fünfjähriger und dann überrascht ist, dass die Leute irgendwann keinen Grund mehr sehen, für ihn zu arbeiten, ist das halt auch nicht mein Problem. Sorry not sorry und da bin ich halt 'ne Bitch. Auch sorry an Rewe, mag ich ja, genauso wie Edeka, auch wenn ich's vielleicht aus ethischen Gründen nicht mögen dürfte und nur in kleinen veganen Bio-Tante-Emma-Läden einkaufen sollte (was ich gern würde, wenn wir in einer Welt leben würden, in der das umsetzbar wäre). Aber ist halt nicht alles Schwarz-Weiß und irgendwie muss man ja Kompromisse finden. Das die Welt nicht mehr so ist, wie wir es uns als Kinder erdacht haben, liegt ja mehr als auf der Hand. Und irgendwie scheint es uns so, als würden wir immer noch irgendwelchen Träumen nachlaufen, die einfach nicht mehr in diese Zeit passen. Meinem Freund geht's zum Beispiel mit dem Bodybuilding so. Er dachte, er findet eine Community wie zu Arnolds Zeiten und fand... ja, man werfe nur mal einen Blick in ein Fitnessstudio. So geht's uns aber halt mit vielen Sachen. Manchmal fühlen wir uns, als wären wir mit unseren Ansichten vor keine Ahnung 300 Jahren besser aufgehoben, auf der anderen Seite hängen wir irgendwie in der Luft, weil alles noch so unfertig erscheint. Gerade ist irgendwie alles im Umbruch, die Medien sind voll von ja, was eigentlich? Und Social Media? Je nachdem. Da findest du inzwischen alles und vieles, was wirklich nicht für breitere Masse bestimmt wäre, aber okay. Und wenn wir uns draußen umschauen, dann fehlen uns die Gruppen von Jugendlichen, die wir zu unsere Jugend überall draußen gesehen haben. Oder die Kinder auf den Spielplätzen. Da ist vielleicht eins und wenn's Glück hat, hat's eine Handymum dabei. Manchmal sieht man sie aber auch völlig allein irgendwo durch die Gegend rollern. Ist irgendwie surreal. Die Technik schreitet voran, aber wer kann sie noch richtig bedienen und welchen Preis zahlen wir dafür?


10.52 Uhr

Ein bisschen sollte ich noch warten... Fünf Minuten sind okay, 8 Minuten sind unhöflich. Hoffentlich ist Basti gut mit den zwei Hunden nach Hause gekommen. Ums Törtchen mache ich mir keine Sorgen, aber Benno ist ein bisschen chaotisch und ich weiß, wie stark Bastis Schmerzen heute sind. Wie das wohl mit der Gucci wird? eigentlich könnte ich die gleich mitnehmen, wenn ich runtergehe. Aber... Naja. Vielleicht doch.

Ich ziehe mein Handy raus und tippe schon mal, dass ich Gucci gleich mitnehmen kann, dan entscheide ich mich doch anders und packe mein Handy wieder weg.


10.54 Uhr

Ach man... Ich hasse warten.


10.55 Uhr

Ich klingle.

"Hallo. Jana?", höre ich von irgendwo.

"Ja?", schreie ich zurück. "Hallo?"

"Hallo?" Ich bin verwirrt. Ich schau mal lieber aufs Klingelschild, statt auf den Buchstaben an der Hausnummer. Irgendwie ist der Name ganz verwischt. "Halloooooo? Ich kann sie nicht sehen!"

"Ja, das liegt da dran, dass ich vor Ihrer Haustür stehe! Wenn Sie mir aufmachen, können Sie mich sehen!", schreie ich zurück. Ich checke auch gar nicht wo die ältere-Frauen-Stimme herkommt. Offenbar von oben, aber die Frau die ich suche, wohnt im Keller. Ich bin noch verwirrter. Aber okay. Von oben, also gehe ich ein paar Schritte zurück, um unterm Vordach herauszutreten und sehe im Fenster drüber eine alte Frau im Schlafanzug. Ich hab meine Brille nicht auf und meine Gesichtserkennung ist nicht so gut, also rufe ich voller Überzeugung hoch: "Ja, also, ich bin jetzt da!"

"Ja, aber wer sind Sie?"

"Jana?!" Ohje, jetzt weiß ich, warum ich da bin. Da würde ich auch extra einen Gassigeher anrufen, ist ja noch nicht so lange her, dass wir uns gesehen haben und schließlich haben wir gestern telefoniert. Würd ich auch auf Nummer sicher gehen, wenn ich die Tochter wäre. Komisch, sie hat mir neulich noch einen ganz rüstigen Eindruck gemacht. Und hatte sie da nicht ihr Haar noch völlig anders? Aber okay.

Ich selber seh' ja sehr vertrauenserweckend aus in meiner Gassi-Kluft. Meine Barfußschuhe sind jetzt eher Waldschuhe (sehen vielleicht so aus, als wäre ich Obdachlos) und meine Gassijacke war mal so Cremefarben und ist jetzt schick in Real-Tarn #badhomburgstyle in altmodern oder so. Meine Kim-Possible-Hose, die aktuell noch meine Engelbert-Strauß ersetzt, ist auch schon nass und schmutzig, weil ich ja davor schon Gassi war. Und Schal und Mütze verdecken dann den Rest von mir. Sehe wohl aus wie ein Waldmännchen.

"Und, was wollen Sie jetzt von mir?"

"Ja... ähm... ist das hier nicht die 3...e?"

"Neeee. Da müssen Sie noch ein bisschen weiter, das ist die 3...e."

"Oh. Ja dann entschuldigen Sie mich bitte und die Störung auch. Dann möchte ich gar nichts von Ihnen und hab mich nur ganz blöd im Haus vertan. Es tut mir so leid."

"Ach, das macht doch nichts.", lacht sie und ich sehe, wie der Stress abfällt. Aber ich an ihrer Stelle hätte auch blöd geguckt. Man muss sich das mal aus ihrer Warte vorstellen.. Steht auf einmal so eine Verrückte vor der Tür...

"Oh ja, danke und Entschuldigung trotzdem."

"Ja, alles gut. Schönen Samstag!"

"Danke! Schönes Wochenende Ihnen und Entschuldigung!"

Ich gehe weiter und finde das richtige e. Diesmal gucke ich vorher auf das Klingelschild und schau mir das Haus mal an. Ja, hier war ich schon mal und hier bin ich richtig.


10.58 Uhr

Ich klingle an der richtigen Tür. Der Hund bellt und jetzt bin ich auch ganz sicher, dass ich an der richtigen Tür bin. Irgendwie läuft das mit ihm alles kurios. "Ach Jana, schön, dass du da bist!"

"Ja, danke!" Ich bin auch froh, dass ich jetzt da bin. "Komm doch rein."

"Aber ich hab meine Waldschuhe an." "Ach, das macht doch nichts." "Soll ich nächstes Mal lieber anrufen, statt klingeln, damit sich Söckchen nicht aufregen muss?"

"Ach woher, der Hund darf ja auch mal bellen, das ist okay."

Das finde ich eine gesunde Einstellung, wenn auch ein bisschen ärgerlich für die Nachbarn. "Ach, ich freu mich wirklich, dass du da bist."

"Ja, ich mich auch wirklich. Das ist doch ein schöner Start ins Jahr. Seid ihr gut rüber gerutscht?"

Wir unterhalten uns kurz über die Festtage und das eher Einsiedler sein, was manchmal wohl auch besser ist - auch wenn man unter Menschen lebt. Man muss sich ja nicht jedem Zwang anpassen. Auch das finde ich eine gute Einstellung. Wir schweifen dann irgendwie ab zum heutigen Zeitwandel und wie tragisch das doch alles ist, aber versuchen immer mal wieder positive Aspekte zu finden, die aber eine von uns dann wieder mit einem Negativum negieren kann. Das führt sich ein bisschen so fort und innerhalb kurzer Zeit habe ich einen Umriss ihrer Lebensumstände, der ihrer Familie und sie kennt den Grund, warum wir höchstens vor haben, irgendwann mal Kinder zu adoptieren. Ich denke, wir schwimmen ziemlich auf einer Wellenlänge. "Ja, weißt du, manchmal tut's mir leid. Ich bin einfach zu einer besseren Zeit geboren.", schließt sie. "Klar, Krieg und so. Das war natürlich nicht toll. Ich bin am Ende der Kriegszeit geboren, aber weißt du, was mein Vorteil war? Wir haben gemerkt, dass alles im Aufschwung ist. Und was habt ihr?"

Ja, das ist eine sehr gute Frage, denke ich. "Ja, das ist eine gute Frage.", sage ich. "Wir machen wohl das Beste draus."

"Ja, und auf der anderen Seite gibt es ja doch noch Hoffnung - vielleicht. Geht wählen, ja?"

"Ja."

"Ich will ja nichts sagen..." Verstehe ich, man ist da lieber vorsichtig mit seiner Meinung, vor allem, aktuell, und wenn man drauf aus ist, ein gutes Verhältnis aufzubauen. Man weiß ja nie...

Wir schweifen nochmal kurz ab, um das Thema zu umschiffen, aber festzustellen, dass wir immer noch dieselbe Welle surfen, weil's leider in unseren Augen gerade keine andere Möglichkeit gibt und die Alternative wirklich nicht meine ist, auch wenn ich vielleicht einen alternativen Lebensstil habe. Paradox, dass die Alternative die Alternativen bedroht, oder? Fast schon witzig, wenn's nicht so zum Weinen wäre.

"Ja und außerdem, was soll's, wird schon werden. Söckchen und ich gehen jetzt erstmal Gassi so lange er mag oder halt 'ne Stunde."

"Ja, er zeigt dir schon den Weg, den er gehen mag."

"Ja, und wenn ich den Eindruck habe, es wird ihm zu anstrengend, dann kehren wir um."

"Genau."

Er hat seit gestern Magen-Darm-Symptome. Vielleicht wegen der Aufregung, weil die Family in Aufbruchstimmung war, vielleicht Nachwehen von Silvester. Wer weiß das schon. Er kriegt Schonkost und sieht munter aus, aber natürlich muss da auch die Bewegung angepasst und die Temperaturen bedacht werden. Er hat auch ein Mäntelchen, aber trotzdem. Wenn's einem nicht gut geht, mag man ja auch nicht wandern gehen, oder?

Offenbar geht's ihm aber gut und ich freu mich sehr drüber. Er führt mich erst durch den Wald und an der Kreuzung ist er der Meinung, er muss ganz schnell wieder in die andere Richtung, weil er was erschnüffelt hat und... Er steht da, in seinem Mäntelchen und ich... Ich halte die Leine in der Hand und... das Halsband liegt am Boden. Fuck! Mal wieder eine der obersten Regeln nicht beachtet: ALLES ÜBERPRÜFEN! Auch wenn der Hund schon ready ist, vorher noch mal checken ob alles richtig sitzt. Er steht. Also alles gut. Ich spreche ihn an und gehe langsam auf ihn zu, aber schnell genug, das er gar nicht drüber nachdenkt, was gerade passiert ist. Ich kann ruhig an sein Mäntelchen greifen und hab ihn so schonmal wieder auf jeden Fall gesichert und er kann nicht in den Wald rennen. Es ist zwar nicht zu erwarten, das er das tut, aber auf der anderen Seite: wir kennen uns nicht richtig. Was hat er aktuell für einen Grund bei mir zu bleiben. Und freilaufender Hund im Wald ist immer sch... Gibt ja auch Jäger z.B. und andere Hunde und was weiß ich. Hier sehen wir außerdem mal wieder, dass Geschirrchen einfach sinn machen. Wäre froh, wenn er jetzt eins anhätte. Aber er bleibt brav stehen bis ich das Halsband an der Leine rangezogen habe und richtig an ihm befestige. Es scheint zuvor wohl falschrum dran gewesen zu sein und so kann sich dann die Schnalle öffnen. Glück im Unglück. Mein Puls ist eigentlich ganz okay, ist ja nichts passiert und ich kann die Gedanken, was alles hätte passieren können, im Zaum halten. Wir gehen weiter und seine Route führt uns wieder ausm Wald raus. Eine Straße entlang, die Erinnerungen weckt. Hier oben war ich im ersten Sommer öfter, zum Gassigehen und um einen ganz liebreizenden Kater zu betreuen. Ich werde ein bisschen wehmütig, weil ich die beiden vermisse. Der Kater ist inzwischen leider verstorben und es brodelt so ein Gemisch aus Trauer und Wut in mir auf. Normal. Eine Erinnerung kickt die nächste an und so geht einmal die Schleife durch.

Krass wie viele Tode man so miterlebt hat bis man 30 ist. Oder wie viele inzwischen Tod sind, die man mal kannte. Tiere, Menschen. Gerade in der Weihnachtszeit und gegen Neujahr denkt man da ja dran. Und dann fühlt man sich wieder schuldig, weil man mit seinem eigenen Leben zu beschäftigt ist und den Opa nicht mehr zu seinem letzten Geburtstag angerufen hat oder immer noch nicht im Krankenhaus bei der ehemaligen Arbeitskollegin angerufen hat oder dem lieben Menschen, den man von Therapie kannte nicht mehr geschrieben hat, bevor er an Krebs gestorben ist und leider nie die Zeit gefunden hat, seine Geschichte anzuhören und aufzuschreiben, sowie wir es eigentlich 2019 vereinbart hatten. Es tut mir leid, Dittmar. Ich habe dich nicht vergessen und auch wenn es jetzt zu spät ist, es dir nochmal persönlich zu sagen, ich bin froh, dass ich dich kennenlernen durfte. Du warst ein toller Mann und es tut mir leid, dass du deinen Traum nie verwirklichen konntest. Deutschland. Seit 80 Jahren ohne Krieg, aber leider voller tragischer Traumata, die Existenzen gekostet hat. Und ich habe nur ein paar davon für kurze Zeit begleiten dürfen. Oder Harald, der leider irgendwie nie Anklang in einer sich wandelnden Welt finden konnte und von dessen Schwester ich letzten Endes nur irgendwann eine Facebook-Nachricht mit der Mitteilung über sein Ableben erhalten habe. Ich finde es sehr nett, dass sie sich die Mühe gemacht hat, mich zu informieren. Ich hätte vor seinem Tod noch Zeit gehabt, mit ihm zu telefonieren, aber ich war zu sehr mit mir selbst oder dummen Umständen beschäftigt. Und irgendwie werden es auch irgendwann viele Menschen, viele Schicksale und man kann nicht mit allen in Kontakt bleiben. Manchmal will man es auch gar nicht, weil je nachdem, was sie erlebt haben, welche Störung sie haben oder welches Suchtproblem, können da wirklich nervige Anrufe oder Nachrichten bei rauskommen. Ich hab halt ein Händchen für Psychotiker und so und wenn sie nicht weiterwissen, rufen sie mich an. Unter anderem habe ich deswegen in meiner Jugend sehr oft meine Handynummer gewechselt, aber das habe ich irgendwann aufgegeben, nachdem ich mit 16 mal von einem 33 Jährigen mit netten Briefen ohne Briefmarke im Familienbriefkasten bedacht wurde, nachdem ich ihn auf Facebook blockiert hatte. (Irgendwann erzähl ich die Frosch-Stalkie-Geschichte vielleicht mal. War das erste Mal, dass ich das Bedürfnis hatte, mir Pfefferspray zu kaufen und hab's bis heute nicht getan - weiß inzwischen aber auch, wie kacke es ist, das in die Fresse zu bekommen - bin halt in Frankfurt angekommen).

Aber jetzt. Heute. Heute bin ich hier. Im Wald. Mit Söckchen und alles ist gut. Er ist brav und froh und munter und hat keinen Durchfall und wir gehen wieder in den Wald. Dort treffen wir zwei nette Hündinnen, die ihn nicht groß interessieren und ich entscheide, dass wir morgen mit gemeinsam Gassi gehen können, weil der echt cool ist. Ich bin wirklich gern hier. Im Wald, in Frieden. Mit mir und einem dieser kleinen Fellknäule. Sie geben mir den Antrieb rauszugehen. Auf Therapie hab ich das auch so gemacht, einfach spazieren. Aber im Alltag hat man nicht so die Motivation dazu, da helfen die Hunde einfach ungemein. Und sie bringen einen auf gute Ideen.

Söckchen bringt mich pünktlich zurück und wir stehen vor der Haustür. Omi kommt kurz danach um die Ecke, sie war noch am Auto. Wir halten die Verabschiedung kurz, weil ich wieder nach Hause zu meiner Truppe muss und unterwegs mache ich aus, dass wir Gucci um vier abholen.


12.38 Uhr

Ich bin wieder zuhause und kann mich noch kurz hinlegen. Bisher bin ich zwölftausend Schritte gelaufen, ich brauche dringend mal eine kleine Pause. Basti liegt auch flach, was aber an seinen starken Schmerzen liegt. Die Hunde sind schon um ihn rumplatziert und pennen ganz selig. Aber bevor ich mich dazu lege, mache ich schnell was zu essen, weil wir ja irgendwie auch Energie brauchen. Für mich gibt's Toast, für Basti French Toast, wenn er dann essen kann.


14.14 Uhr

Ich gucke auf die Uhr und entscheide, dass ich jetzt trotz allem Aufstehen muss. Wir stehen beide irgendwie auf, ich schreibe den Blogbeitrag von gestern und dann farme ich ein wenig mit meiner Druidin, die immer noch nicht auf Level 80 ist. Könnte auch Timewalks mit ihr gehen, aber ich hab mit ihr keinen Bock auf Stress und tanken ist für mich Stress. Viel zu viel Verantwortung... Hab ich so schon genug, brauch ich nicht auch noch virtuell aktuell. Deswegen ist mein Priester jetzt auch nicht mehr diszipliniert, sondern wandert in den Schatten. So ist das halt.


15.20 Uhr

Ich gehe nochmal schnell Pipi mit den Hunden, aber einzeln, weil mir auch das sonst zu stressig ist. Dann mache ich mich auf den Weg zu Gucci und Basti bleibt zuhause, um auf die zwei Chaosnasen aufzupassen und irgendwie auf sein Leben klarzukommen. Gibt halt so Tage, die schwierig sind. Er ist gerade sehr unzufrieden mit sich, weil er halt nicht so leistungsfähig ist, wie er das gerne wäre, aber das liegt ja nicht an mangelndem Einsatz. Trotzdem versteh ich ihn. Außerdem läuft's halt Außenrum dann auch noch oft doof. Menschen, denen er vertraut hat, stellen sich als falsche Freunde raus, die Technik funktioniert oft nicht, wir haben immer noch keine Küche, keine Ahnung... Seine Liste an Dingen, die ihm die Laune verderben ist mit Sicherheit so lang wie meine und die Erinnerungen sind mit Sicherheit nicht schöner. Muss man halt irgendwie händeln. Sich selbst und das Leben. Hilft ja nichts. Und er ist ein Steh-Auf-Männchen. Einer der Gründe, warum ich ihn liebe. Ich überlege nochmal, warum ich eigentlich Zickig mit ihm sein will und beschließe, dass es keinen Grund gibt, außer, dass ich wahrscheinlich gerade in der weiblichen Hormonlage für Stänkerkurs bin. Muss an South Park denken, wenn ich mich später noch dran erinnere, erzähl ich ihm davon. Vielleicht ist er dann auch weniger genervt.


Auf dem Weg zu Gucci führe ich kurz ein Videotelefonat mit meiner Mama und wir quasseln so vor uns hin, da begegne ich Söckchen und Omi im Park. "Ja Jana, wie schön! Was für ein Zufall!"

"Ja, wirklich! Ich bin gerade unterwegs einen Hund abholen." Wir tauschen kurz ein paar Sätze aus und danach gehe ich weiter. Ich keuche ganz schön, als ich den Berg hoflaufe und meiner Mum die Geschichte von der Hausverwirrung erzähle und zwischendurch immer mal wieder abschweife, weil meine Gedanken halt nun mal so sind.


15.45 Uhr

"Man, jetzt bin ich viel zu früh."

"Ja, du bist den Berg ja auch schnell hochgelaufen."

"Hm ja." Wir unterhalten uns kurz über Garagen, Stellplätze, Ferienwohnungen oder auch nicht und Sinn und Unsinn, Jahresplanung und ich hake schon mal einen Punkt von meiner Kopf-To-Do-Liste ab: nach einer guten und erschwinglichen Möglichkeit Ausschau zu halten, dass einer der Studis ausm Gym irgendwann mal die Berge sehen kann. Dann muss diese Option noch warten.


15.58 Uhr

"Okay, Mama, ich geh jetzt dann mal vor. Hab dich lieb!" Wir verabschieden uns und ich hole Gucci ab. "Hast du ein Auto dabei?"

"Ähhhhm, nein?" "Oh, ja das ist blöd. Ähm."

"Ne, alles gut, das geht. Gib mir einfach eine Tasche, das passt schon."

Er bringt mir eine Tasche, wir stopfen das Bettchen rein, füllen Futter um und pressen den Napf irgendwie rein und dann reisen Gucci und ich auch schon ab. "Gute Besserung!", rufe ich noch.

Gucci will lieber ein Flummi sein und ich fühl mich heute schon zum zweiten Mal, aus würde ich aussehen, wie eine Obdachlose. Wenigstens trägt der Hund einen schönen Mantel und die Ikeatasche nehm' ich einfach als "cooles Accessoires". Wenn ich es mir lang genug einrede, finde ich es vielleicht irgendwann stylisch und immerhin sind wir jetzt nicht mehr zu übersehen. Nur für meinen Rücken ist das irgendwie Quatsch. Gucci hat auch immer mal Angst vor der Tasche, aber mehr so, wie es ihr grad passt... Vor allem, wenn Leute in der Nähe sind und sie gerade ganz dringend irgendwo hin will... Kleine Diva.


Kurz nach vier sind wir zuhause und Gucci lernt Benno kennen. Das Törtchen hat sie bereits getroffen, aber da war sie gerade in ihrer Zickigkeitshochtour. Heute geht's. Meine ehere Sorge ist, dass er sie zu toll findet. Die bestätigt sich auch prompt, denn Gucci ist auch gar nicht so abgeneigt von ihm wie beispielweise das Törtchen. Die hat ihm gestern gleich klar gemacht, dass er sie gar nicht belästigen braucht und jetzt ist er beleidigt und spielt nicht mit ihr. Alles Diven außer Törtchen.

Die Hunde lernen sich in Ruhe kennen, wir werfen zwischendrin ein "Ben-Noooo!" ein und ansonsten ist es recht entspannt. Dann machen wir alle fertig zum Gassigehen, aber die Flexileine für Ben-Nooo erweist sich als ganz problematisch, also halten wir es kurz. Zudem ist Samstagabend. Hochkonjunktur auf der Louisenstraße und das ist für einen reaktiven Hund einfach super stressig. Törtchen und Gucci funktioniert hingegen super. Als wären sie ein altes Ehepaar. Großartig!


Zuhause angekommen gibt's erstmal für alle Abendessen und danach verteilen sie sich. Gucci nimmt ihren Ehrenplatz auf Bastis Kopfkissen ein, Törtchen chillt bei uns im Wohnzimmer an ihrem Heizungsplatz und Benno liegt zwischen uns oder hinter mir auf einer seiner Decken. Ist alles super entspannt und ruhig. Das brauchen wir jetzt. Einfach mal einen Abend, an dem alles gut ist. Wir zocken gemeinsam WoW, die Hunde schlafen und es läuft gut. Ich werde langsam besser und ich freu mich drüber, wie glücklich ihn das macht und kann für mich eins meiner größten Hindernisse überwinden. Leistungsdruck - Versagensangst - Lampenfieber - Stresskontrollverlust - Zerdenken. Hab ich ja ganz früher auch nicht gemacht. Da war ich noch gut in Sachen, die ich gemacht habe und auf diesen Status möchte ich irgendwann mal zurück.


1.23 Uhr

Wir gehen eine größere Gassirunde, diesmal ist Benno an unserer Sicherheitsleine und damit fühle ich mich deutlich sicherer. Die Mädels haben ihren Spaß und ich freue mich ein weiteres Mal, dass wir in Bad Homburg wohnen. "Weißt du Bebi, eigentlich dürfen wir gar nicht meckern. Guck mal, was wir alles überstanden haben und wie schön es hier ist. Hat sich doch irgendwie alles gelohnt, oder? Also was soll's. War hart zwischendrin, aber was ist schon einfach."

"Jo, stimmt schon."


Zuhause schauen wir noch eine Folge Rick & Morty und schlafen dabei ein. Jemand hat mal zu uns gesagt, es gäbe keine Frauen, die Rick & Morty gut fänden. Hab mich mal nicht angesprochen gefühlt. Frauenbarth. Alles so eine Definitionssache, also was soll's.


Es war ein guter Tag. Bisschen peinlich, bisschen lustig. Hat nervig angefangen, aber gut geendet. Und was will man mehr, als neben der Liebe seines Lebens einzuschlafen?




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