Vorhersagen
- FRAUENBARTH
- 1. Feb.
- 4 Min. Lesezeit
8.00 Uhr
Der Wecker klingelt. Ich drücke auf schlummern, drehe mich zu Basti um und er nimmt mich in den Arm. "Wollen wir noch ein bisschen liegen bleiben?", fragt er mich. "Gern. Wir treffen uns erst um eins zum Gassi. Wir müssen vorm Studio noch kurz zu Hasi, aber wenn wir uns beeilen, sind wir um elf im Training und haben allemal genug Zeit." Ich schmiege mich an ihn und sauge seinen Duft ein. Dann schlafe ich nochmal ein.
9.00 Uhr
Der Wecker klingelt und wir schälen uns aus dem Bett, was etwa eine halbe Stunde dauert und gehen duschen. Wir packen unsere Sachen und fahren dann zu Bossbunny, damit ich den schnell vorsorgen und ihm seine Medis geben kann. Er gefällt mir besser als gestern Abend, aber toll ist irgendwie was anderes. Besorgt mich ein bissl, der Bub. Aber die Hasenmama passt gut auf ihn auf und deswegen ist ja auch für solche Fälle alles da.
11.45 Uhr
"Ist doch 'n schon wieder viel später als geplant."
"Easy, wir schaffen das trotzdem noch gut.", beschwichtige ich, weil es auch nicht hilft, sich jetzt aufzuregen und wir uns lieber drüber freuen sollten, dass wir es gemeinsam ins Studio schaffen. Wir trainieren Schultern und Arme, fokussieren uns auf das, was zu tun ist und kommen schnell durch.
12.45 Uhr
Wir sind auf dem Weg aus dem Studio, da wird Basti noch kurz in ein Gespräch verwickelt.
13.05 Uhr
Wir treffen uns an der russischen Kathedrale und Basti und Mo lernen sich kennen. Und wir alle seine Omi. Schön, wenn man gleich die halbe Familie trifft und der Hund so gut integriert ist. "Meint ihr, es wäre möglich, dass ihr doch zwei Stunden mit ihm lauft oder ihn mit zu euch nehmt?"
"Klar, dann kann er sich alles schon mal anschauen. Bei uns ist eh nichts los heute, da kann er gerne kommen."
Er ist wirklich ein Süßer und wir haben ihn schnell ins Herz geschlossen. Anfangs ist er ziemlich aufgeregt, aber nach eineinhalb Stunden Marsch im Wald ist das verflogen und er kommt ganz entspannt bei uns zuhause an. Er wird Teil des Luisa-Rudels und wird sich wunderbar mit den Mädels verstehen, da sind wir beide sehr sicher.
Basti freundet sich mit ein paar Gildenmitgliedern an und ich bearbeite den Onlinekurs für js.veggy.coaching. Am Montag geht's ja wieder mit der Arbeit los und heute waren sogar schon die Unterlagen von der Krankenkasse in der Post. Wunderbar, wenn alles funktioniert. Jetzt fehlt nur noch das Go vom Veterinäramt und einige Händler mit denen ich kooperieren kann und dann kann auch mein Tierpflegeservice mit angeschlossenem Onlineshop starten und die Website für die Tierheilpraktik online gehen. Das freut mich riesig, denn wenn ich zehn Jahre zurückdenke erinnere ich mich an endlose Gespräche à la: "Jana, warum machst du das alles? So viele verschiedene Ausbildungen... Geh doch lieber arbeiten und verdien Geld und arbeite dich irgendwo hoch oder leg dir was zurück. Das bringt doch nichts."
Aber das bin ich halt einfach nicht. Ich wollte schon immer gern mein eigenes Ding machen, ich mag meine Unabhängigkeit und was ich damals schon sagte: "Was, wenn ich mal aus irgendeinem Grund ausfalle und diese eine Sache nicht mehr so bald machen kann?"
Ganz einfach erklärt anhand des Beispiels letztes Jahr: wäre ich mein Leben lang nur in der Gastro gewesen, wäre ich mit 30 BU gewesen... Ist ja auch nicht Sinn der Sache. So hatte ich zwar ein turbulentes Arbeitsleben bis hier hin, kann mir jetzt dafür aber aussuchen, was ich mache und wann ich es mache und das vor allem zu meinen Bedingungen tun. Ich muss nicht mit Klienten arbeiten mit denen ich nicht auf eine Wellenlänge komme, meine Arbeit mit den Tieren ist nicht von Spenden abhängig, sondern soll mir auf Dauer eher ermöglichen, selbst an gemeinnützige Zwecke zu spenden und im Grunde sind alle meine Berufe "Hausfrauenberufe", d.h. mein Haushalt erledigt sich inklusive Verpflegung für mich und meinen Freund quasi von selbst während der Arbeit. So hab ich mir das vorgestellt und das ist mir doch deutlich die liebere Variante, als die, die meine Freunde 2019 um diese Zeit für mich und dieses Alter vorausgesagt haben.
"Jana, wenn das so weitergeht, wirst du keine 30!"
"Ach Jana, wenn du jetzt nicht bald das Ruder rumreißt, endest du in irgend so einer Hartzer Wohnung in Berlin Kreuzberg mit 10 Kindern."
"Mensch Jana, ..."
Das hatte zwar andere Hintergründe als meine Arbeitswahl, aber ich erinnere mich trotzdem immer wieder gern an diesen Moment zurück, weil sie wohl recht hatten. Hätte ich nichts geändert, wäre ich heute nicht mehr hier. Es gibt nur eine aus dieser Gruppe, die an mich geglaubt hat, daran, dass ich es nicht soweit kommen lasse, die mich sogar bei der Umsetzung unterstützt hat und nie etwas dafür verlangt und dafür danke ich ihr von Herzen, auch wenn ich es ihr nie gesagt habe.
Aber ich habe beschlossen, mich weniger mit meiner Vergangenheit zu befassen. Es war wichtig, das getan zu haben, um meinen Abschluss damit machen zu können, aber ich will nicht dauernd in diesem Sumpf hängen.
"Ihr habt euch schon bis zum Knöchel aus dem Sumpf rausgekämpft. Vergesst nicht, euch abzuwaschen.", ein so weiser Rat und gerade kommt er mir wieder in den Sinn. Manche Menschen begleiten dich nur wenige Tage, wenn auch über Jahre hinweg und können trotzdem so viel bewirken. Merkwürdig, oder?
14.45 Uhr
Mo und ich gehen zurück zur Kathedrale bis mir auffällt, dass ich ihn erst um 16.00 Uhr wieder abgeben soll. Also gehen wir zurück und er zeigt mir ganz stolz den Weg. Richtig süß und ich freu mich zu sehen, dass er sich so wohl fühlt. Im Wohnzimmer legt er sich gleich wieder auf seine Decke zwischen unsere Schreibstischstühle und döst weiter.
15.50 Uhr
Ich bringe ihn wieder runter und er freut sich, Mama und Oma zu sehen. Wir vereinbaren unser nächstes Treffen für Dienstag und dann geh ich nach Hause, telefonier kurz mit meiner Mama und bearbeite weiter Videos.
23.00 Uhr
Ich zocke noch ein bisschen und dann gehen wir schlafen.
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