Arbeitstag aktiv
- FRAUENBARTH

- 5. Okt.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Okt.
Ein Montag voller Hunde, kleinerer Büroarbeiten und vielen Schritten. Diese Woche wird jeder Arbeitstag aktiv. Eigentlich jeder Tag der Herbstferien. Wir haben einige Stammhunde bei uns und ich habe zwei Gassihunde plus unsere Herznase Finn.
5.50 Uhr
Der Wecker klingelt. Ich schalte ihn aus, stehe auf und habe schlechte Laune. Mein Freund Basti und ich haben gestern gestritten und ich bin immer noch angepisst und habe beschlossen, meinen Arbeitstag heut einfach durchzuziehen, ohne nach Hilfe zu fragen. Ist ja meine Arbeit und er ist immer noch krank geschrieben - aber immerhin ist jetzt die komplette Arbeitsunfähigkeit vom Tisch wie es aussieht. Es wird noch ein paar Monate dauern, aber dann kann auch er wieder seiner Berufung nachgehen und das bessert hoffentlich auch seine und meine Laune. Schmerzen haben ist scheiße, das weiß ich selbst sehr gut. Wenn man sich zusätzlich dann noch in seiner Situation gefangen fühlt, trägt nicht nicht gerade noch zum Wohlbefinden bei und manchmal krachen wir dann aneinander. Seltener als noch vor einem Jahr, aber wir haben ja auch schon viel verändert und ich denke, langsam sind wir in der Endphase der Durststrecke oder anders formuliert: Am Startpunkt unseres Lebens wie wir uns es vorgestellt haben. Waren harte Jahre bis hierhin und ich bin froh, dass wir sie gemeinsam durchgestanden haben, aber heute trotzdem verärgert und da zieh ich mich halt dann zurück.
Ich drehe erstmal eine Runde mit der einen Hundetruppe. Danach mit der anderen Hundetruppe. Danach mach ich mich auf den Weg, um den nächsten Hund fürs Gassi abzuholen. Nebenbei schreibe ich meiner Mama und danach geht es mir besser. Manchmal ist es einfach gut, jemanden zu haben, der ein bisschen nachfühlen kann, was man gerade so durchlebt.
8.30 Uhr
Ich bin beim Dalmatiner Stew angekommen. Ein hübscher Kerl, recht groß, braune Punkte, ausdrucksstarkes Gesicht. Er weiß, dass er Kraft hat und genau das ist das Problem. Kann ja eine spannende Woche werden. Hundebegegnungen verlaufen ambivalent nach Sympathie und erstrecken sich von einer Bandbreite völliger Ignoranz bis freudige Spieleaufforderung zu "Ich fress' dich gleich, du Scheißköter! Guck mich nicht an!"
Zusammenfassend kann zu Spaziergängen mit Stew jetzt schon gesagt werden:
Sie sind herausfordernd. Leinenführigkeit ist je nach Ermessen des Hundes und mein Rücken wird mir diese Woche mit dauerndem Anziehen und in die Gegenrichtung rennen sehr übel nehmen. Zumal wird er ungefähr 80% meines Gewichts haben, aber er hat den All-Pfoten-Vorteil und ich das zwei Menschenfüße Handicap.
Nach einer Stunde gebe ich ihn wieder bei seinen "Großeltern" ab. Da wohnt er für eine Woche, während seine Familie im Urlaub ist. Danach geht's für mich zurück nach Hause und dort werde ich schon von freudigen Hunden erwartet, die mit mir Gassi gehen wollen. Also schnapp ich mir die erste Gruppe, danach die zweite und mache mich nach der restlichen Versorgung auf den Weg zu Finn, um wieder Gassi zu gehen.
12.30 Uhr
Ich nehme Finn entgegen und wir Spazieren durch den Wald. Arbeitstag aktiv halt. Bei der Gelegenheit kann ich ein paar Dehnübungen machen und versuchen, meine Schulter, die Stew offenbar versucht auszukugeln, wieder ein bisschen in Position zu bringen.
13.45 Uhr
Ich steige in den Bus, fahre nach Hause und gehe eine kleine Pipi-Runde mit den Hunden, die dort warten. Bis ich fertig bin, muss ich auch schon wieder los, um mir von Stew weiter an den Armen rumzerren zu lassen.
15.00 Uhr
Stew ist bereit zum Gassi gehen und wir erkunden zusammen ein Eck von Bad Homburg, das wir beide noch nicht so gut kennen. Hübsch ist es hier am Platzenberg und wir sehen sogar einen süßen Verein, der sich um Ziegen kümmert, die vergessen wurden. Eine gute Idee für eine Firmenspende zu Weihnachten. Aber das möchte ich mir erstmal noch in Ruhe genauer ansehen und dazu werd' ich in den Ferien keine Zeit haben. Während andere Menschen sich in dieser Zeit überlegen, wie sie ihre Kinder beschäftigen, halten mich die Hunde auf Trab und wenn ich ehrlich bin, bin ich darüber auch ganz froh. Ich bin eine gute Hundetante, aber ob ich aktuell eine gute Mama sein könnte, wage ich doch stark zu bezweifeln und ich hab auch nicht das Bedürfnis eigene Kinder zu kriegen. Aus mehreren Gründen.
Ich bin jetzt 31 Jahre alt, kinderlos in Langzeitbeziehung und meine Hobbys habe ich in meine selbstständige Arbeit verpackt. Das führt zwar dazu, dass ich quasi immer arbeite, aber auch dazu, dass ich tagtäglich meinen Lieblingsbeschäftigungen nachgehe. So genervt ich auch phasenweise von unseren aktuellen Lebensumständen bin, so froh bin ich auch, dass ich meinen Lebensweg frei und selbst gestalten kann.
Letztes Jahr um diese Zeit saß ich vor dem PC und habe mit meinen Chars in World of Warcraft geangelt oder gequestet, jetzt renne ich durch die Weltgeschichte und amüsiere Bad Homburg mit meinen Leinentänzen und den gemischten Rudeln aus Gasthunden aller Größen, Farben, Formen und körperlichen Gegebenheiten. Titan hat zum Beispiel nur ein Auge, viele unserer Hundefreunde haben Futtermittel- und/oder Pollenallergien, die mitunter zu Ausschlag führen und so mancher ältere unserer Kumpels läuft auch nicht mehr so ganz rund.
16.30 Uhr
Ich komme geschafft nach Hause, die Hunde warten auf mich und ich gehe los, um eine kleine Runde mit ihnen zu gehen.
17.30 Uhr
Ich lege mich hin und schlafe ein Stündchen. Danach stehe ich wieder auf, schaue nicht mehr auf die Uhr, sondern erledige, was ich zu erledigen habe - Homeoffice steht ja auch noch aus und bewundere mich ein bisschen selbst dafür, dass ich über 18 Kilometer gelaufen bin und mich eigentlich noch ganz okay fühle.
Ich erinnere mich an eine Zeit - vor etwa zehn Jahren - als ich zwanzig Kilometer bei einem Betriebsausflug der Tierarztpraxis in der ich gearbeitet habe, laufen musste und danach eine Woche nicht mehr aus dem Bett aufstehen konnte vor Muskelkater.
Seit drei Jahren bin ich vorwiegend zu Fuß und wenn es sein muss mit den Öffis unterwegs und damit auch ganz zufrieden. Ich habe meine Umgebung auf eine andere Art kennengelernt, weiß die Momente mehr zu schätzen und freu mich über schöne Blümchen am Wegesrand oder eine besonders schöne Wolke. Dinge, die den gestressten Autofahrern oft verborgen bleiben. Zumindest ging es mir so.
Nachdem alles erledigt ist, kuschle ich mich zu den Hunden ins Körbchen und schlafe ein.

























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